Tagebuch
The World Famous Cabot Trail
18.09.25 04:06 Abgelegt in: Nova Scotia | NP

Gabi auf dem Skyline Trail, Cape Breton Highlands NP, NS
Wir haben unsere geplante Route gestern Abend bereits in google Maps mal angeschaut. Weia - mit allen Abstechern 7 Std. Fahrtzeit. Dazu kommen 2 Stunden für den Skyline Trail und geschätzt 3 Stunden für alle übrigen Unternehmungen. Wenn wir vor Dunkelheit um 19:30 Uhr wieder zurück sein wollen, sollten wir um 07:30 Uhr starten. Und das tun wir dann ganz einfach (ohne Wecker) exakt um diese Uhrzeit.
Draussen ist es herrlich, Nebel liegt über den Seen und wir fahren diesmal „unten rum“ um die Seenlandschaft, das heißt zunächst in südliche Richtung. Das Navi zeigt schon nach 20 km eine Fährennutzung an. Das hatten wir gar nicht auf dem Schirm. Und wie geht das? Die „The Little Narrows Ferry“ ist abfahrbereit, als wir ankommen; wir rollen aufs Deck, vor uns sind schon 4 andere Fahrzeuge da. Sie ziehen die Auffahrrampe hoch (und lassen sie nochmal runter, weil ein weiteres Auto kommt), fahren 3-5 Minuten und wir sind wieder runter. Dabei kostet der Spaß noch nicht einmal etwas („don’t pay the ferryman“) und läuft 24/7. Super.
Als die Fähre sofort wieder zurück fährt gelingen Aufnahmen im Gegenlicht - und am nahen Ufer strahlen die Bäume in der aufgehenden Sonne und spiegeln sich im Wasser. Je nach Blickrichtung ergibt sich eine andere Stimmung - der Nebel, der über dem Wasser treibt passt perfekt dazu.
Der Cabot Trail auf Cape Breton Island zählt zu den berühmtesten Panoramastraßen Nordamerikas. Nicht umsonst steht auf den Hinweisschildern „The World Famous Cabot Trail“. Auf 298 Kilometern schlängelt sich die Route durch den Cape Breton Highlands National Park, entlang rauer Steilküsten, über bewaldete Hochebenen und durch kleine Fischerorte, die ihren ursprünglichen Charme bewahrt haben. Immer wieder öffnen sich uns weite Blicke über den Atlantik, und mit jeder Kurve scheint die Landschaft ein neues Gesicht zu zeigen. Der Name erinnert an den Entdecker John Cabot, der Ende des 15. Jahrhunderts die Küsten Neufundlands und Nova Scotias erreichte.
Am stillen Ufer von Ingonish Beach frühstücken wir Sandwiches, die wir eben beim Tankstop erworben haben. Nur Vogelgezwitscher begleitet uns – ein ruhiger Moment, bevor wir uns auf die weitere große Rundfahrt über den Cabot Trail begeben. Nach einem kurzen Stopp im Visitor Center geht es weiter nordwärts. Immer wieder halten wir an grandiosen Aussichtspunkten, die den Blick freigeben auf die zerklüftete Steilküste. Dabei klettern wir über die Felsbrocken und haben Spaß beim Fotografieren - beide!
In Neils Harbour entdecken wir den kleinen Hafen mit seinen bunten Häusern und den rot-weißen Leuchtturm, der über den Booten wacht. Wenig später stehen wir in White Point direkt am Wasser und sehen die Felsen und Klippen diesmal aus nächster Nähe – fast schon auf Augenhöhe mit den Wellen. Einige maritime Utensilien der Fischer stehen bunt herum. Als wir die Abstecher-Runde Richtung Cabot Trail schließen sehe ich etwas am rechten Straßenrand. Ein freundlicher Fuchs versteckt sich schnell, kommt aber wieder hervor, als ich vorbei bin. Er guckt uns interessiert an und als ich nach der Kamera greifen will schnürt er über die Straße und verschwindet auf nimmerwiedersehen. So sind sie, die Füchse.
Noch eindrucksvoller wird es weiter nördlich in Meat Cove. Die staubige Anfahrt über Schotterstraßen lohnt sich, denn der Ausblick von diesem entlegenen Campingplatz ist schlicht überwältigend. Wir haben das Gefühl, am Ende der Welt zu sein. Das hier ist einer der Top Spots für Walsichtungen vom Ufer aus. Und am frühen Morgen wurden auch schon welche gesehen. Wir ahnen es mehr, als wir es wirklich wissen: sie sind da und wir sehen auch immer wieder, wie was auftaucht aus der Tiefe - leider sehr, sehr weit entfernt. Ich habe mein 200er Tele drauf und bin sicher: da ist was. Ich drücke ab und habe tatsächlich einen Rücken mit Flosse erwischt, leider winzig klein - das lässt sich nicht nutzbar herausvergrößern.
Auf der Weiterfahrt sehen wir unbekannte Meeresvögel und mit Tiny auf dem Dashboard genießen wir die spektakuläre Fahrt durch diese Berglandschaft - immer in Küstennähe und daher mit viel Aussicht. Wir passieren eine Berglandschaft mit der Erdfalte, die einst Amerika mit Afrika verbunden hatte - das ist aber schon 300 Millionen Jahre her.
Am Nachmittag besuchen wir dann das das Whale Interpretive Centre in Pleasant Bay - eine interessante Ausstellung rund um das Thema Wale. Eindrucksvoll sind die Größenvergleiche zwischen Walen, Delfinen etc. an der Wand. Dort zeige ich den Experten meinen Miniausschnitt aus dem Foto und sie bestätigen: es ist ein Pilotwal! Yes!! Gutes Auge gehabt. Die Bilder mit der Fluke vor offenen Meer sind auch dort entstanden.
Nun begeben wir uns auf den Skyline Trail. Die Empfehlung war: recht früh (ging nicht) oder eher spät. 15:00 Uhr scheint „eher spät“ zu sein, denn es ist nicht viel los. Dabei war der Trail morgens noch wegen Überfüllung geschlossen worden. Wir fragen nach Coyoten, weil davor gewarnt wurde. Die Rangerin auf dem Parkplatz erzählt, dass hier tatsächlich vor rd. 10 Jahren mal eine Wanderin von einem Coyoten angefallen und getötet wurde. Heute sei es aber sicher. Bären und Moose gibt es hier auch. Bei bestem Wetter wandern wir fast allein über den Pfad, und am Ende erwartet uns der berühmte Blick über die Steilküste – vielleicht der schönste Moment des Tages.
Nein, ganz sicher der schönste Moment, denn wieder einmal wird uns bewusst, wie privilegiert und glücklich wir sind, dass alles bei diesen Bedingungen erleben zu dürfen. Der Skyline-Trail macht seinem Namen alle Ehre: Himmel, Wasser, Felsen - grandiose Ausblicke. Gabi macht auch eine Panorama-Aufnahme eines kleinen Teilstücks des Cabot Trails mit dem iPhone. Es macht so viel Spaß, hier über die Boardwalks und Stufen zu steigen und wir machen viele Aufnahmen. Obwohl wir uns viel Zeit lassen sind wir bereits um 16:50 Uhr wieder am Trailhead. Hier trifft sich gerade eine Gruppe mit einer Rangerin für einen „Guided Hike“ und wir verquatschen uns total mit ihr und den Gästen. Auch sie bestätigt die Pilotwal-Sichtung.
Über Cheticamp komplettieren wir die Runde, machen noch ein paar Fotos an der Küste bei Sonnenuntergang und erreichen am Abend wieder die gerade abfahrtbereite Fähre, die diesmal für uns nochmal die Rampe runterlässt. 20 Minuten später und zwar um 19:15 Uhr sind wir an unserer Unterkunft angekommen – erfüllt von einem großartigen Tag auf einer der schönsten Straßen Kanadas und mit grandioser Lust auf ein Bier vom Fass. Die Planung passte!
Und das mit dem Bier passte auch. Im „The Frolic & Folks Pub“ esse ich Thai Chicken Nachos und Gabi Schwertfisch „Cajun Style“, dazu teilen wir uns einen großen Spinatsalat mit Ei, Mandarinen, Champignons und Mozzarella. Ich trinke 2 IPAs und mag den bitteren, fruchtigen Geschmack, wenn er frisch aus dem Fass kommt - erst Recht nach einem solchen Tag. Heute Abend schaffe ich es aber nicht mehr, das Tagebuch zu schreiben - ich bin glücklich geschafft.
Daher entsteht dieser Beitrag erst am nächsten morgen nach dem Aufwachen - vorher gehts ja auch nicht.
Tagesetappe: 447 Kilometer
Übernachtung: The Iona Heights Inn, 4115 Hwy 223, Iona, NS B2C 1A3