Tagebuch
Another long day

Jürgen in Peggy's Cove, NS
Der Anreisetag war sehr lang, bis wir endlich im Bett lagen. Und der Sonntag war dann überraschend ein weiterer, sehr langer Tag. Gut geschlafen - aber: die Nacht war kurz. Das war zu erwarten, denn das sind erste Nächte immer nach der Zeitumstellung. Um 05:15 Uhr sind wir beide wach, die innere Uhr sagt schließlich: 10:15 Uhr.
Also raus aus den Federn, Sachen zusammenpacken, um 06:00 Uhr ist Frühstück und wir sind pünktlich. Das Frühstück hier im Hampton Inn kann sich sehen lassen: neben Kaffee und viel frischem Saft gönnen wir uns Bagels, Frischkäse, die auch als Hashbrowns bezeichneten Kartoffelrösti, Rührei mit Green Onions und Käse, kleine Würstchen, Tomate & co. Waffeln, Pfannkuchen und Müsli passen nicht mehr rein.
Um 06:30 Uhr habe ich das Auto aus dem Parkhaus geholt, wir beladen den Escape und rollen durch das morgendliche immer noch tiefenentspannte, ruhige Halifax. Die Stadt werden wir an unseren letzten beiden Tagen diesen Urlaubs näher kennenlernen. Darauf darf ich mich freuen, denn sie gefällt mir schon jetzt sehr gut, obwohl ich sie bisher nur im Dunkeln gesehen habe.
Wir nehmen die sogenannte Lighthouse-Route zu unserem ersten Ziel: Peggy’s Cove, dem meistbesuchten und -fotografierten Leuchtturm Canadas. Da haben wir wahre Horrorgeschichten gelesen und gehört, was die regelmäßig ab 09:00 Uhr einfallenden Menschenmassen angeht. Da kannst du kein Bild mehr vom Leuchtturm machen, ohne hunderte Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Deswegen sind wir froh, dass uns ein früher Aufbruch gelungen ist. Aber der beschert uns auf der Fahrt bereits ein zauberhaftes Morgenlicht. Wir fahren durch Wald und immer an Buchten, Seen und viel Wasser vorbei; wir sind tatsächlich angekommen in Canada.
Einmal muss ich anhalten und die Lichtstimmung festhalten. Das scheint gelungen.
So sind wir um 07:40 Uhr an Peggy’s Cove und außer uns sind ganze 4 Leute hier. Das hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Super! Auch wenn es hier wolkenvergangen ist und die Sonne noch nicht durchkommt macht es Spaß, hier über die Felsen zu klettern und den adretten Leuchtturm von allen Seiten abzulichten. Die Kletterei muss vorsichtig angegangen werden; überall finden sich Hinweisschilder, dass Leute von plötzlicher Brandung fortgerissen wurden und hier ihr Leben ließen. Wir bewegen uns aber nicht im unmittelbaren Brandungsbereich. Gabi fotografiert natürlich auch Tiny Little Bear mit Leuchtturm, der kleine Bär ist natürlich wieder mit dabei.
Zum Einsatz kommt hier u.a. auch mein neues 14-24-Weitwinkelzoom. Das fehlte mir immer in meiner Sammlung und jetzt habe ich es mir gegönnt. Damit zu fotografieren ist sehr anspruchsvoll. Es ist einfach sehr viel drauf auf dem Bild und da gilt es, geschickt zu komponieren. Ich übe noch, aber das wird schon.
Als langsam mehr Leute am Leuchtturm rumstiefeln gegen wir noch eine kleine Runde durch den „Ort“ und treffen dabei einen freundlichen Herrn, der ein maritimes Motiv auf die Leinwand bannt. Wir unterhalten uns ein wenig und machen uns dann auf die Weiterfahrt. Bis Mahone Bay ist es eine knappe Stunde und auch hier drehen wir eine Runde entlang der Hauptstraße mit vielen bunten Geschäften und Villen. Es handelt sich hier um einen 1754 gegründeten, pittoresken Ort mit farbenfrohen Holzhäusern und 6 Kirchtürmen, Läden, Gallerien und Cafes. Drei Kirchen stehen gleich nebeneinander, aus einer klingt Orgelmusik. Wir gehen hinein - der Organist spielt sich warm; um 11:00 Uhr ist hier Gottesdienst - da hat er noch eine Stunde Zeit.
Auch das anschließend folgende Lunenburg wartet mit bunten Häusern auf. Lunenburg wurde 1753 von deutschen und schweizer Siedlern gegründet. Das älteste Gebäude ist von 1760; Lunenburg ist UNESCO Weltkulturerbe. Viele der Holzhäuser der Altstadt stammen noch aus dem 18. und 19. Jahrhundert und befinden sich in einem gepflegten baulichen Zustand. Bei bestem Wetter macht es tierisch Spaß, hier zu bummeln. Durch den frühen Start sind wir den Bussen immer 1-2 Stunden voraus. Als die ersten hier eintreffen, machen wir uns wieder auf den Weg. Der bekannte Schoner „Bluenose 2“, der auch auf der Canadischen 10-Cent-Münze abgebildet ist, sehen wir nicht - das Segelschiff scheint unterwegs zu sein.
Wir fahren noch kurz hinüber zur anderen Seite der Bucht, wo sich am Golfplatz ein guter Fotospot befindet. Das rote „Maritime Museum of the Atlantic“ präsentiert sich von hier aus jenseits der Bucht besonders schön.
Nun müssen wir einkaufen und dafür haben wir uns das auf dem Weg liegende Bridgewater ausgesucht, das Versorgungszentrum der Region. Ziel ist der „Real Atlantic Superstore“, ein - wie der Name schon sagt - ziemlich großer Supermarkt. Da wir uns heute Abend, morgen und übermorgen früh selbst verpflegen müssen, füllt sich der Einkaufswagen beträchtlich. Wir erkunden dir Regale und Angebote und entscheiden uns zwischendurch auch immer mal wieder um, wenn wir etwas finden, das noch besser passt. Macht Spaß! Gewöhnungsbedürftig sind die hohen Dollarpreise - das relativiert sich glücklicherweise deutlich aufgrund des für uns sehr guten Wechselkurses. Einige Zeit später verstauen wir alles im Auto. Puh!
Zur Abrundung sollten wir noch zu einem Liquor-Store fahren, denn alkoholische Getränke (und Cannabis - keine Sorge, benötigen wir nicht) bekommt man in Canada wie in den USA nicht im Supermarkt, wo auch Kinder mitkommen. Schnell gefunden, ein netter Herr möchte uns beraten. Ich frage nach einer kleinen Flasche Jack Daniels für den Genuss am Abend, wenn es mal passt. Die Antwort überrascht uns: „Sorry, wie don’t sell american products any longer!“ So kommen wir aber an ein kleines Fläschchen canadischen „Gibsons Finest 12 yo“, der sich später auf der Terrasse als wahre Vanillebombe entpuppt.
Jetzt: final destination für heute, die Mersey River Chalets im Kejimkujik NP. Ja, die Orts- und Flussnamen kommen einem immer bekannt vor hier in Nova Scotia. Und am Mersey River gibt es auch hier - wie in Great Britain - einen Ort namens Liverpool. Verrückte Welt.
Kurz vor 15:00 Uhr sind wir angekommen, das Office ist bereits besetzt und wir dürfen einchecken. Wir bekommen Zimmer Nummer 12, eines von 4 Zimmern in einem langgestreckten Holzbau. Süßes Zimmer mit Geschirr, Kühlschrank und Grill auf der Terrasse. Wir sind hier mitten im Nirgendwo. Nur ein paar Hütten unmittelbar am Harry Lake. Kajaks und Kanus liegen am Ufer zur freien Benutzung. Nur aufpassen muss man, die Seenlandschaft ist riesig hier und verfahren will sich hier keiner.
Da wir leider das Visitors Center des Kejimkujik NP auf dem Hinweg verpasst haben, fahren wir die 10 Minuten nochmal zurück, als wir das Zimmer eingeräumt haben und die Lebensmittel im Kühlschrank sind. Da wir auf dieser Reise planmäßig 7 Nationalparks besuchen wollen, möchten wir einen Jahrespass kaufen. Das ist auch hier günstiger als Einzeleintritte. Den haben sie aktuell hier nicht vorrätig. Macht aber nix - können wir im nächsten NP nachholen, am Labor-Day-Weekend ist freier Eintritt hier.
Schon beim Check-in hatten wir vom Wildfire gehört, das ca. 1 Stunde entfernt im Wald wütet. Wir sind nicht direkt betroffen, der Wind steht so, dass für hier keine Gefahr besteht. Es sind aber alle Wanderwege aktuell gesperrt. Macht nix -es gibt genug anderes zu tun und morgen wollen wir auch mal etwas ausruhen. Der kurze Trail zum Mills Fall ist offen, da vertreten wir uns doch mal kurz die Beine.
Der Kejimkujik NP ist ein „Dark Sky Preserve“, d.h. eines der Gebiete mit äußerst geringer Lichtverschmutzung und bestem Blick auf den Sternenhimmel. Im Visitors Center wurden uns zwei entlegene Orte genannt, die gut zur Sternenfotografie geeignet seien. Der „Sky Circle“ an Jakes Landing und der See bei Merrymakedge, Parkplatz Nr. 4. Beides fahren wir noch an. Ich hatte noch gefragt, ob wir dort nachts mit Bären rechnen müssten. „Ja, aber nur Schwarzbären und wenn die hören, wie ihr euch unterhaltet, verschwinden sie.“ Da wir beide als ausgesprochene Plappermäuler bekannt sind besteht also kein Grund zur Sorge. Mit der App „Photopills“ kann ich den Sternenhimmel für die Nacht simulieren; die Milchstraße müsste von beiden Plätzen aus zu sehen sein. Gut! Wir beschließen, zur dunklen Stunde nochmal nach Merrymakedge zu fahren; das ist einfacher als die Gurkerei über den Campingplatz bei Jakes Landing.
Wir erkunden noch die Umgebung unseres Zimmers, finden eine äußerst attraktiv gelegene Sauna und genießen den Blick über den Harry Lake. Jetzt haben wir aber Hunger und ich schmeiße den Grill an. BBQ-Ribs drauf und warten. Gabi zaubert aus einer halben Tüte Coleslaw, einer roten Paprika, einem halben Paket Crab-Meat (!) und einem Thousand Island Dressing einen fantastischen Salat. Dazu gibt es Nachos mit Salsa und ein Glas Wein. Lecker!! Wein? Wir wollen doch noch Auto fahren? Wollen wir nun doch nicht. Wir haben die Umgebung unseres Zimmers erkundet und den Bootsanleger für die Kajaks gefunden. Von dort müsste die Milchstraße auch gut zu sehen sein.
So machen wir uns um 20:30 Uhr mit Stativ und 14-24er die Socken. Es sind nur ein paar Schritte von der Terrasse zum Bootsanleger. Erstaunlich, wie lange es braucht, bis es ganz dunkel ist, obwohl die Sonne schon lange weg ist. Nach und nach erscheinen aber die Sterne, die sich anfangs noch im See spiegeln und ich mache viele Fotos mit verschiedenen Einstellungen. Erst mal gilt es, den richtigen Schärfepunkt zu finden. Dann ISO auf 3.200, 20 Sekunden bei Offenblende 2.8. nach und nach reduziere ich auf 15 Sekunden und sogar ISO 1.000. Wahnsinn, wie die Sterne rauskommen und aufgrund der gewählten Verschlusszeit sind sie knackscharf - keine Bewegungsunschärfe aufgrund der Erdrotation sichtbar. Später stelle ich fest, dass der hellste Teil der Milchstraße (auf den ich es eigentlich abgesehen habe) genau über uns stehen müsste. So schieße ich noch einige Aufnahmen direkt nach oben. Nett, aber noch nicht das gewünschte Ergebnis. Das war eine tolle und lehrreiche Erfahrung. Jetzt ist es aber fast 22:00 Uhr und Gabi kann nicht mehr aus den Augen gucken.
So geht ein sehr langer, aber total schöner erster Urlaubstag zu Ende. Superwetter, viel erlebt und wir schlafen hier nur mit den Geräuschen
Gabi am Kejikujik See, Kejikujik NP, NS
Tagesetappe: 36 Kilometer
Übernachtung: Mersey River Chalets, Maitland Bridge, On Route 8, Caledonia, NS B0T 1B0
Lazy day

Gabi am Kejikujik See, Kejikujik NP, NS
Tja, das war viel Stoff gestern. Heute wird es überschaubarer. Wir haben super und auch lange geschlafen. Die Zeitumstellung scheint schon gut verdaut zu sein. Erst kurz vor 08:00 Uhr begebe ich mich mal in die Senkrechte. Ich ziehe mich an und schaue mal runter zum See. Da liegt ein klein wenig Nebeldunst auf dem See, Luft und Wetter sind fantastisch. Wir riechen glücklicherweise nichts vom Wildfire, dass nördlich von uns Immer noch brennt. Mal sehen, wie das morgen wird, wenn wir nördlich fahren. Als ich da so am See sitze, prasseln hinter mir immer mehr kleine Tannenzapfen aus luftiger Höhe nach unten. Es knackt, knistert und knallt, dass mir ganz anders wird. Nicht, dass da oben im Baum ein Bär sitzt, der sich sein Frühstück pflückt? So sehr ich auch schaue, ich entdecke nichts.
Zurück im Zimmer schnappe ich mir mein MacBook. Da ist einiges aufzuarbeiten. Lange schreibe ich an dem Tagebucheintrag von gestern. Auch die Fotos wollen verarbeitet, gesichtet und für die Website ausgesucht werden. So vergeht einiges an Zeit, aber wir haben ja keine großen Dinge vor und nach gestern ist so ein fauler Tag perfekt, um mal richtig „anzukommen“ hier.
Später decken wir draussen den Frühstückstisch. Gabi hat Bagels mit Frischkäse bestrichen und Truthahnbrust mit Salsa sowie etwas Coleslaw aufgelegt. Dazu gibt es Kaffee und knackige rote Weintrauben. Wir sitzen da in der friedlichsten Idylle, die man sich denken kann. 2 Eichhörnchen spielen Fangen - sonst passiert nix. Schön.
Es ist schon „High Noon“, als wir unsere Badesachen anziehen, ein Shirt dazu, Tewa-Sandalen und Schwimmweste, die sich im Schrak auf dem Zimmer befindet. Fertig zur Ausfahrt. Wir holen uns 2 Steckpaddel im Geräteschuppen und suchen uns am Bootsanleger ein rotes Kanu aus. Los geht es zu unserer allerersten Kanu-Fahrt. Kajak hatten wir ja schon hin und wieder, zuletzt im Frühjahr bei dieser anstrengenden Tour durch die sturmgepeitschte karibische See.
Ich bin aber sehr angenehm überrascht: wenn man erst mal sitzt geht das richtig gut, obwohl der Schwerpunkt ja deutlich höher sitzt. Gabi hat ihr iPhone in einer wasserdichten Hülle dabei, ich die GoPro. So kommt die auch mal wieder zum Einsatz. Wir fahren gute 60 Minuten bei bestem Wetter über den See und tauchen auch in einen langen Seitenarm ein. Das klappt alles prima. Keinen Mucks hört man hier und wir sind komplett allein hier. So schön! Naja, etwas habe ich schon gehört: Gabi summte plötzlich hinter mir die Winnetou-Melodie; erst war ich geschockt - gepasst hat es aber schon irgendwie …
Anschließend ziehen wir uns um und fahren noch einmal zum Parkplatz bei Merrymakedge. Im Glauben, auf P1 zu stehen gehen wir Richtung P4. Im Glauben, dass der noch weit vor uns liegt, gehen wir weiter und weiter, immer am See entlang, dann aber in den Wald hinein. Und dann ist der Weg plötzlich weg und wir stapfen durchs Unterholz - völlig verfranzt. Google-Maps hilft nur grob denn hier ist kein Netz. Immerhin sehe ich unseren Standort und ein paar Wege, so dass wir uns grob orientieren können. Wir sind ziemlich weit in die eigentlich gesperrte Zone geraten. So kommen wir aber immerhin zu einer über 60-minütigen Wanderung. Das Beste: wir sind fast komplett allein hier; andere Leute haben wir kaum gesehen. Auf dem Rückweg zur Unterkunft halten wir noch einmal kurz am Visitor Center an. Dort meint man, dass evtl. heute Abend am Sky Circle eine gute Sicht auf die Milchstraße sein könnte.
Wieder am Zimmer erkunden wir noch einen langen Boardwalk am Mersey River entlang. Dort finden wir noch eine Stelle, von der aus man die Milchstraße evtl. auch gut sehen könnte heute Abend. Da ist guter Rat teuer: nochmal fahren oder hier unser Glück versuchen? Es ist 17:30 Uhr noch ist nichts entschieden. Aber das Tagebuch ist bis hierher schon mal geschrieben. Onlinestellen kann ich die ganzen Dinge ohnehin erst morgen. Hier ist das WiFi zu schwach. Jetzt kümmere ich mich noch um ein paar Fotos und dann machen wir gleich erst mal Abendessen.
Dazu werfe ich nochmal den Grill an und platziere vorgegarte Hähnchenkeulen, damit sie sich erwärmen. Die zweite Hälfte Coleslaw wandert in die Salatschüssel, die zweite rote Paprika folgt ihr ebenso, wie das Crab-Meat. Zur Unterscheidung vom gestrigen Salat addieren wir noch rote Trauben, die dem Ganzen noch mehr Süße geben. Nachos mit dem Rest der Salsa, die auch zu den Hühnerbeinen gut schmeckt und ein Glas Pinot Grigio - fertig ist eine schmackhafte Abendmahlzeit, die auch von den anwesenden Eichhörnchen aus der Ferne mit Argusaugen beobachtet wird. Ich glaube, eines hat sogar den Daumen gehoben.
Wir richten noch ein paar Dinge und starten um 21:00 Uhr zur nächsten kleinen Runde Sternenfotografie. Ihr habt es erraten: Wein und Auto passen nicht - wir bleiben hier. In finsterer Nacht streben wir über den langen Boardwalk dem nördlichen Punkt des Geländes zu. Hier wäre tatsächlich ein sehr guter Platz, aber wer schaut uns zu und strahlt mit jeder 100.000-Watt Glühbirne um die Wette? Vater Mond, die alte Socke verdirbt uns hier den Spaß. Taghell erleuchtet er See und Umgebung und lässt die Sterne blass aussehen.
Also zurück zum gestrigen Tatort, wo sich aber kein neues Bild ergibt. Also gehen wir noch kurz bis zur Sauna und machen dort noch ein paar Bilder. Das geht nun zügig von der Hand, wenn man den Bogen einmal raus hat. Es ist nicht das, was wir wollten - dazu sind auch zu viele Wolken am Himmel. Aber Spaß an den Aufnahmen habe ich dennoch. Sehr sogar!
Nun ist Feierabend. Nebenan schnarcht jemand mit sich selbst um die Wette. Das hören wir aber gleich nicht mehr, denn wir sind auch müde genug. Morgen geht es gemütlich weiter. Es stehen einige Sehenswürdigkeiten auf dem Programm - und vielleicht eine Winzerei. Wenn uns das Wildfire mal keinen Strich durch die Rechnung macht. Heute war jedenfalls ein super gemütlicher und wieder mal entspannter Urlaubstag - als wären wir schon ewig hier.
Tagesetappe: 36 Kilometer
Übernachtung: Mersey River Chalets, Maitland Bridge, On Route 8, Caledonia, NS B0T 1B0
Hiking in the woods

Jürgen im Tipsy Tails Restaurant, Alma, NB
Das Zimmer ist einfach, die Nacht war gut. Um 07:00 Uhr bin ich wach. Es gibt hier nicht nur wenige Steckdosen, um die diversen Elektrogeräte zu laden, die wenigen vorhandenen sind auch noch so labberig, dass die Stecker immer rausflutschen. Das ist ein bekanntes Problem, auch in den USA, nervt aber jedes mal aufs Neue. Gabis iPhone und Apple Watch hatte ich heute Nacht an der Powerbank - die anderen Geräte wechseln sich ab.
Um so verwunderlicher, dass wir heute beim Weg zum Frühstück in beiden Treppenhäusern jeweils 2 Steckdosen in 2,20 m Höhe auf einem Treppenabsatz entdecken. Was steckt man denn dort ein?
Bevor ich frühstücken kann muss ich aber noch eine Frage von gestern aufklären. Dass die Bay of Fundy mit dem "Rhythmus der Gezeiten mitschwingt" habe ich nicht verstanden - weder gestern im Interpretive Center noch beim Schreiben am Abend. Also recherchiere ich das nochmal im Internet und hier kommt die Auflösung:
Warum das Wasser hier so extrem steigt und fällt, hat mit der Form der Bay zu tun. Am einfachsten lässt sich das mit einer Schaukel vergleichen: stößt man sie immer genau im richtigen Moment an, schwingt sie höher und höher. Genauso ist es hier – der Rhythmus von Ebbe und Flut passt fast genau zur Länge der Bucht.
Jede neue Flutwelle verstärkt also die vorige, das Wasser schaukelt sich regelrecht auf. Weil sich die Bay zudem wie ein Trichter verengt, staut sich das Ganze noch zusätzlich. Heraus kommt ein Tidenhub, der mit über 20 Metern der größte der Welt ist - Weltrekord!
Jetzt zum Frühstück. Wir sitzen bei einem Paar aus Ontario, quatschen und lassen uns Bagel, Toast, Eier, Obst, Yoghurt, O-Saft, Kaffee & co. schmecken. Alles ohne Plastikteller oder -besteck; das ist vorbildlich.
Um 09:00 Uhr sind wir wieder bei den Hopefull Rocks, gehen die Aussichtspunkte in umgekehrter Reihenfolge noch einmal ab und schauen uns an, wie das hier bei „High Tide“ aussieht. Ok, so einen bis zwei Meter müssen wir uns noch dazu „denken“, wir sind etwas früh - bis zum Höchststand gegen 10:00 Uhr ist es noch etwas Zeit. Unglaublich, dass diese gigantischen Mengen Wasser seit gestern Mittag schon 2 x in die Bay hinein- und einmal in der Nacht hinausgeflossen sind. Wir treffen die 2 Mädels wieder, die uns gestern ständig im Weg standen mit ihren „ich mach mal ein 360-Grad-Video bei dem sich alle meine Freundinnen übergeben müssen weil ich mich so schnell um die eigene Achse drehe“. Als wir am Parkplatz aus dem Auto stiegen, hielten sie genau vor uns. Wir mussten alle heftig lachen und ich erfuhr, dass die beiden eine Kajaktour gestern Morgen bei Hochwasser gemacht hatten. Ein echtes Abenteuer mit 60-70 cm hohen Wellen. Es gibt in der Bay auch Raftingtouren mit dem einströmenden Hochwasser - irre, wie das abgeht, wenn die Flut kommt.
Ähnlich eindrucksvoll wie hier bekommen wir heute den Unterschied von Flut und Ebbe in Alma, am Tor zum Fundy NP hautnah zu spüren. Dorthin fahren wir jetzt mal und in 40 Minuten sind wir dort. Wir parken am Alma Harbour und machen Bilder von den dort verankerten Booten. Es ist Hochwasser, wie ihr wisst, denn gerade waren wir deswegen ja noch bei den Hopewell Rocks. Wenn wir heute Abend zurückkommen nach Alma, wird hier Ebbe sein.
Wir lösen nun am Eingang zum Fundy NP endlich unsere Anual Pässe für die Nationalparks Canadas, die nun bis Ende September nächsten Jahres gültig sind. Ist das wohl ein Wink mit dem Zaunpfahl?
Im Visitor Center lassen wir uns ausführlich beraten und wie erwartet, wird es nicht einfach, aus der Vielzahl der Möglichkeiten auszuwählen. Luxusproblem! Immerhin erschließt ein 120 km langes Wegenetz die Küste, Berge, Täler, Flüsse und Wasserfälle des Parks. Bis zu 300m hohe Hügel der Caledonia Highlands, die hier zur Bay of Fundy abfallen, prägen das Landschaftsbild des Parks. Die Hügel im Hinterland des NP sind von tiefen Tälern durchschnitten und zumeist mit Mischwald bewachsen. Die Fauna umfasst Elche, Biber und Schwarzbären sowie den seltenen Wanderfalken. Die junge Rangerin empfiehlt und 5 Trails im Fundy NP - da haben wir einiges zu tun.
Bezüglich der Option, auch noch vom Nordrand des Parks über Little Salmon River West zum Fundy Trail Parkway zu fahren, einer malerischen Küstenstraße mit vielen Aussichtspunkten, Wanderwegen und Stränden, ist sie zwiegespalten. Das lohnt sich evtl. schon, ist aber mit viel Autofahrt verbunden und verkürzt die Aufenthaltszeit im Fundy NP.
Also nehmen wir erst mal den Dickson Falls Trail in Angriff. Das ist ein schöner Weg, der von diversen sehr gepflegten Stufenanlagen unterstützt wird. Der Weg ist das Ziel - uns ist bewusst, dass aufgrund der Trockenheit kein Wasser fließt am Wasserfall. Macht nix, das war eine schöne Runde. Und das Bild vom „trockenen“ Wasserfall ist eigentlich unbrauchbar und überflüssig. Wenn ich nicht nicht mal sehen wollte, was in 2 Minuten Photoshop zu damit zu machen wäre. „Wasserfall“ generieren - und schon wäre das Bild brauchbar - erst recht, wenn man sich mehr Mühe geben würde. Schaut euch den Vergleich mal bei den Fotos an - das hat mit Fotografie aber nix zu tun und ich werde das deshalb nicht nochmal machen! No way!
Weiter geht es die Wolfe Road entlang bis zu einer Covered Bridge. Warum die hier regelmäßig Brücken einhausen ist uns nicht klar, finden wir aber noch heraus. Schön aussehen tut es allemal. Der Shiphaven Trail eröffnet Blicke auf das Wasser und es ist gut zu sehen, dass die Ebbe eingesetzt hat, weite Flächen fallen trocken. Es hat sich zugezogen und der Wind frischt frisch auf.
Kaum sind wir später wieder auf der #114 Richtung Norden durch den Park unterwegs zeigt sich wieder der blaue Himmel und die Sonne. Die Farben knallen, wir können nicht glauben, dass wir bisher so ein Wetterglück haben.
Nun halten wir kurz an einem Aussichtspunkt an - grandiose Fernsicht. Das nächste Ziel verpassen wir knapp und landen am Bennet Lake. Schön hier, aber unsere beiden Wanderungen sollten eigentlich etwas weiter südlich stattfinden- - also nochmal rein ins Auto uns zurück. Immerhin haben wir nun entschieden, den Fundy Trail Parkway sausen zu lassen. Das wären mindestens 2,5 Stunden zusätzliche Autofahrt gewesen zzgl. der Stopps und Wanderungen. Das ist uns dann doch zu viel Fahrerei, nur um Viewpoints auf die Bay bei Ebbe zu haben. Da nutzen wir lieber das perfekte Wetter für weitere Wanderungen und kosten den Fundy NP voll aus. Gute Entscheidung!
So folgt der kürzere Caribou Plain Boardwalk und der gut einstündige Caribou Trail, jeweils durch wunderbaren Wald und mit zwischenzeitlichem Blick auf Wasserflächen. Neben den satten Grüntönen und dem Lichtspiel zwischen den unzähligen Bäumen fällt und wieder dieser süße, volle und intensive Duft auf, den der Wald auch hier verströmt. Und das außergewöhnliche Moos erweckt den Eindruck, dass der ganze Wald mit einem flauschigen Teppich ausgelegt ist. Auch die kleinen Dinge am Wegesrand verdienen Aufmerksamkeit, z.B. seltsame Pilze an den Bäumen. Es ist so schön, hier zu wandern! Und wir sind überall fast komplett allein. Alle Stunde trifft man mal Leute, aber der Eindruck ist eigentlich: wir sind allein hier unterwegs.
Zwischenfazit: bisher übertrifft unsere Reise alle unsere Erwartungen. Es ist tatsächlich das totale „we’re off“ - „wir sind weg“. Hin und weg, müsste es eigentlich heißen. Arbeit und Alltag sind so weit weg. Natur und Erlebnisse hier sind voll präsent. Ruhe, Wärme, Erholung, Genuss, Bewegung, Runterkommen und Baden in unbeschwerter Entspannung begleiten uns jede Minute. Das ist bisher der perfekte Urlaub! Und heute hatten wir einen perfekten Tag „hiking in the woods“.
Super glücklich bin ich auch mit meiner neuen Z8 und den tollen Objektiven. Von Tag zu Tag lerne ich die Kameraausrüstung mehr zu schätzen. Schnell, präzise, individuell nutzbar und so scharf. Was der Autofokus leistet ist mit Worten nicht zu beschreiben. Heute mittag habe ich ein Eichhörnchen, dass nur einen winzigsten Teil des Bildes ausmachte (ich hatte wie meist das 24-70 drauf und das kleine Kerlchen war weit weg) anvisiert und zack: der Fokus sitzt auf diesem Miniauge. Total unglaublich. Und ich habe jetzt eine Briefmarke aus dem Foto herausvergrößert; das Eichhörnchen war auf dem Foto nicht mal zu erkennen. Dabei ist das Ergebnis sogar noch gut zu verwenden.
Es ist später Nachmittag geworden und wir fahren zurück nach Alma. Dort liegen die Boote nun alle auf dem Trockenen - schaut euch mal die Bilder an und vergleicht. Gleicher Platz wie heute Vormittag - aber völlig neue Perspektiven. Und das wiederholt sich 2 Mal täglich …
Und jetzt ist es auch Zeit für unsere erste Lobster-Roll im „Tipsy Tails Restaurant“, eine der absoluten Spezialitäten hier. Hummer im Baguette-Brötchen, dazu gönne ich mir Poutine (Pommes mit Bratensoße und Cheese-Curts, Käsebrocken - auch so eine Spezialität, die wir 2023 schon getestet und für gut befunden haben.). Gabi nimmt Salat, der auch gut ist. Light-Beer vom Fass - passt schon. Lecker!!!!!
Nun machen wir noch einen Abstecher über eine sehr gewundene Strecke zum Cape Enrage mit dem ältesten Leuchtturm von New Brunswick (gebaut 1840, ersetzt 1870) und mit einem weiten Blick über die Bay of Fundy. Der Zugang ist gesperrt, aber Fotos sind möglich.
Zurück in der Unterkunft sitzen wir noch 90 Minuten draussen in der Sonne und schreiben Tagebuch. Dabei gönnen wir uns ein Glas Wein oder zwei - die Mücken, die uns hier stechen sollen ja auch ihren Spaß haben.
Als wir wieder auf dem Zimmer an den Fotos arbeiten kommt der freundliche Herr von der Rezeption über den Flur gehuscht. Er klopft an jede Tür: „Moose!!!“ Er hat draussen einen Elch entdeckt und wir stürmen in den Gartenbereich. Weg ist das Tier - zu viel Aufregung. Uns bringt dieser kleine, spontane Ausflug aber an die Bar, wo wir ein super nettes Paar aus Niagara Falls kennen lernen. Wir trinken zwei Whisky zusammen und plaudern über Gott und die Welt. Das gefällt uns. Großes Interesse haben die beiden an unseren Fotos und ich könnte mir vorstellen, dass uns jetzt zwei weitere liebe Menschen auf der Website folgen.
So, jetzt ist das Tagebuch fertig und die Fotos sind es auch. Alles noch montieren auf die Website und dann hochladen, so dass ihr morgen früh etwas zu lesen und schauen habt. Gute Nacht - morgen nehmen wir uns den nächsten Nationalpark in New Brunswick vor.
Tagesetappe: 149 Kilometer
Übernachtung: The Shepody Bay Inn, 4941 NB-114, Shepody, NB E4H 4K2
Lobster Party

Gabi im Kouchibouguac NP, Loggiecroft, Fisherman's Refuge, NB
Ich muss mich kurz fassen, es ist schon spät. Was für ein Tag - was für ein Genuss!!
Frühstück um 08:00 Uhr - lecker wie gestern, Unterhaltung mit den lieben Leuten aus Niagara Falls, herzliche Verabschiedung vom Inhaber. Ein Blick auf das Ergebnis der deutschen Fußballnationalmannschaft gestern Abend (mit offensichtlich katastrophaler Nicht-Leistung 0:2 verloren in der WM-Quali gegen die Slowakai) - gruselig!!
Nach gut 90 Minuten entspannter Fahrt (hier sind so wenige Autos unterwegs und die Fahrerei ist ein Kinderspiel!) erreichen wir den Kouchibouguac NP. Im Visitor Center erfahren wir, dass man den südlichen vom nördlichen Teil unterscheidet - eine Wasserstraße, der Kouchibouguac River trennt beide Teile; wir starten im Süden und folgen den Empfehlungen aus dem Visitor Center.
Der Kouchibouguac National Park liegt an der Ostküste von New Brunswick, direkt am Golf von St. Lawrence. Schon bei der Anfahrt wirkt alles weit, still und grün. Der Name kommt aus der Sprache der Mi’kmaq und bedeutet „Fluss der langen Gezeiten“. Und genau das findet man hier: ein Küstenabschnitt, der geprägt ist von Lagunen, Marschland, endlosen Sanddünen und langen Stränden.
Typisch für den Park sind die weiten Küstenlandschaften mit ihren Salzwiesen und die geschützten Sandinseln, die sich wie ein Riegel vor die Küste legen. Das Wasser ist dadurch ruhiger und wärmer als anderswo am Atlantik, und im Sommer gilt der Park als einer der besten Badeplätze in New Brunswick. Zugleich ist er ein wichtiges Schutzgebiet: hier brüten die vom Aussterben bedrohten Zwergseeschwalben, und auch die großen Grauen Robben findet man oft an den Sandbänken.
Für Besucher gibt es ein Netz aus Radwegen und Wanderpfaden, dazu Kanutouren auf den ruhigen Flussarmen. Man ist schnell mittendrin in einer Mischung aus Küstenwildnis und Strandidylle. Wer den Atlantik eher rau und windig kennt, erlebt hier eine überraschend sanfte Seite – und hat oft das Gefühl, einen endlosen Strand fast für sich allein zu haben.
So absolvieren wir zunächst den Beaver Trail - ohne jedoch Biber zu sehen. Dafür hatten wir eben am Visitor Center einen nachbebauten Biberbau bewundern können. Dann fahren wir zu Kellys Beach, dem wohl bekanntesten Badestrand hier. Erstaunlich, dass auch hier kaum was los ist. Vom Parkplatz geht es über einen langen Boardwalk hinüber in die Dünen und an den Strand. Einige Möwen lassen sich bereitwillig fotografieren - die Farben knallen in Grün-, Rot- und Blautönen. Es ist 26 Grad warm wie die ganzen letzten Tage - traumhaft!
Es folgt ein kurzer Abstecher nach Ryan - hier können wir auf die andere Seite des Kouchibouguac River schauen, dort legen offensichtlich gerade Fischerboote an, die nach getaner Arbeit zurückkehren. Also fahren wir in den nördlichen Teil genau dorthin. Loggiecroft heißt dieser Ort; wir stellen das Auto ab und schauen den Fischern beim Löschen der Ladung zu. Obwohl die Boote eher klein anmuten, kommt da ganz schön was rüber. Große Mengen Lobster auf Eis in Kisten werden ausgeladen und per Gabelstapler in Kühl-LKWs umgepackt. Dafür werden große Mengen Kisten gefrorenen Fisches zurück auf die Boote gepackt. Auf Nachfrage erfahre ich, dass das der noch gefrorene Köderfisch für morgen früh ist. Allein diese Mengen lassen erahnen, wie viel Lobster hier gefangen wird - 964 Tonnen waren es in New Brunswick in 2024.
Gleich gegenüber ist eine einsame Hütte, das „Fisherman's Refuge“. Wir gehen rüber und ich spreche eine Dame an, die offensichtlich eine ziemliche Menge Hummer in einem großen Topf auf Gasflamme in einer Art Garage kocht. Tatsächlich passiert jetzt etwas, das ich nicht für möglich gehalten hätte: der Hummer gelangt direkt vom Boot in diesen Topf, von dort nach 13 Minuten Kochzeit in eine Wanne mit kaltem Wasser (damit sich das Fleisch von den Schalen löst - abschrecken wie bei Eiern) und von dort direkt in Gabis Kühltasche auf Eis. Unglaublich - sowohl die Farbe, als auch die Frische und der Preis: umgerechnet 18,50 € zahle ich für zwei dieser Prachtexemplare. „So frisch bekommt ihr nirgendwo den Hummer!“ Recht hat sie - ich kann es immer noch nicht glauben.
Wir nehmen nun noch den Osprey Trail in Angriff und schaffen auch gut 3 km in ziemlichem Tempo. Dann müssen wir aber leider abbrechen - die Moskitos fressen uns auf. Ich bin völlig zerstochen. Letzter Trip: der Claire-Fontaine Trail. Nochmal 3,3 km - Gabi düst in einem Affenzacken voran; das grenzt schon fast an Jogging. Können wir so den Moskitos entgehen, die sich auch hier auf uns stürzen? Fast - einige lassen jedenfalls ihr Leben, bluten aber auch mein Blut, dass sie sich vorher geklaut haben.
Nun fahren wir über die Nebenstrecke und Richiboucto zur Unterkunft. Französisch hat hier Vorrang; auch auf den Schildern am Straßenrand steht erst die französische, dann die englische Bezeichnung.
Zimmer beziehen und jetzt: Hummer genießen. Wir setzen uns raus auf die Terrasse und Gabi zerlegt die Tiere. Eine Anleitung dazu hatte ich ja glücklicherweise gestern schon bei Tipsy Trails in Alma fotografiert. Es ist eine ziemliche Schlacht - muss aber wohl so sein. Zu den edlen Meerestieren genießen wir Nachos & Salsa, Thousand Island-Dressing und Möhrchen. So lecker!!
Wir machen uns dann über die Fotos her, Gabis schreibt auch Tagebuch. Als wir dann später aufs Zimmer gehen treffen wir im Speiseraum auf 5 Kanadier/innen, die ebenfalls frischen Hummer verspeisen. Aber in welchen Mengen? Wir dachten, dass einer pro Person normal sei - die haben aber bestimmt schon jede/r 3-4 auf und in der großen Kühlbox sind noch mindestens 8-10. Im Gespräch erfahren wir mehr: jetzt ist Saison (10.08. - 10.10.) und das sei völlig normal. Im Fühjahr kaufen sie immer 50 Pfund (!) Zu 5,00 Can$ je Pfund (entsprich ca. 3,10 €/Pfund). Sie kochen diese (13 Minuten, nachdem das Wasser mit den Tieren drin sprudelt), nehmen sie auseinander und frieren sie ein. Die gehen damit verschwenderischer um als wir mit Grillwürstchen. Sagenhaft!
Jetzt ist das Tagebuch fertig - es gibt noch ein paar Chips und Wein. Eine irre Lobster-Party heute und wenn das „normal“ ist, dann werden wir das bestimmt nochmal wiederholen in den nächsten Tagen. Gute Nacht!
Tagesetappe: 244 Kilometer
Übernachtung: Auberge Bouctouche Inn & Suites, 50 Rue Industrielle, Bouctouche, NB E4S 3H9
Hiking Gros Morne NP South

Gabi & Jürgen auf dem Partridgeberry Hill, Lookout Trail, Gros Morne NP South, NL
Puh, das war wieder ein sehr langer Tag; anstrengend, mit 2 Wanderungen und viel Fahrerei, aber so toll!! Ich werde wach und vernehme das vertraute Klicken der Z8. Hä? Gabi steht am Fenster und macht Fotos vom Sonnenaufgang. Blick auf den Hafen, gerade läuft eine Fähre ein. Idyllisch! Seit gestern müssen wir für unser Frühstück selber sorgen, also macht Gabi auf dem Zimmer erst mal einen Kaffee. Wir reisen ab, um 08:00 Uhr rollen wir vom Hof. Das ist auch gut so, denn es liegen 4 Stunden Fahrt vor uns.
Die ist aber nach 5 Minuten schon erstmals unterbrochen, denn wir halten am Visitor Center für Neufundland an. Die freundliche Dame fragt, wie lange wir bleiben - noch 5 Nächte! Ups, das sei aber sehr kurz. Beim nächsten Mal sollten wir mindestens 1 Monat einplanen für Neufundland. Ok - merken wir uns! Ausgestattet mit sehr guten Karten und einem tollen Reiseführer fahren wir weiter.
Etwa 25 km nördlich von Port aux Basques passieren wir auf dem Trans-Canada-Highway #1 eine Höhe namens „Wreckhouse“ Das Bergmassiv zeigt eine tiefe Einbuchtung mit einem Doppelgipfel. Ein Schild warnt: „Gust wind area!“ Die Form der Berge verursacht eine Beschleunigung der Südostwinde zu extremen Windgeschwindigkeiten bis zu 160 km/h. Früher hob der Wind dort sogar Eisenbahnzüge aus den Gleisen und auch in den letzten Jahren kippten wiederholt große LKW um. Diesen Hinweis haben wir uns zu Hause schon aus dem Reiseführer notiert und ich fahre entsprechend vorsichtig. Gut, dass Autofahren ansonsten hier so easy ist.
Nach 2 Stunden Fahrt durch traumhafte Berglandschaft mit Tempomat auf 100 km/h und kaum Verkehr erreichen wir Corner Brooks - hier können wir einkaufen. Im Walmaart gibt es aber keine frischen Sandwiches. Das Auto lassen wir stehen und gehen gegenüber einkaufen. Treffer, Sandwiches bekommen. Wie praktisch, dass hier auch ein Liquor Store ist - wir erwerben eine 4-Liter-Kiste Wein; die letzte geht heute Abend sicher zur Neige. Ich trage den Karton wie eine Handtasche und wir queren den Parkplatz. Was ist das? Feuerwehr mit tatütata zu Walmaart, die ganze Beleg- und Kundschaft steht am Sammelplatz mitten auf dem Parkplatz. Die Feuerwehr klärt drinnen auf - Feueralarm. Als wir einige Verkäuferinnen passieren schreien diese kurz auf und verfolgen mich wie den Rattenfänger von Hameln. Ich höre etwas wie „immer dem Wein hinterher“ - dann lachen alle und wir machen uns (allein) mit Wein davon.
Um 12:30 Uhr sind wir im Visitor Center des südlichen Teils des Gros Morne NP. Der Gros Morne National Park gehört zu den eindrucksvollsten Landschaften Kanadas und ist seit 1987 UNESCO-Welterbe. Auf einer Fläche von fast 1.800 Quadratkilometern vereint er dramatische Küstenklippen, tiefe Fjorde, Hochplateaus, glitzernde Seen und bizarre Gesteinsformationen. Der Park gilt auch als „Fenster in die Erdgeschichte“: Hier sind durch die Bewegung der Kontinentalplatten Gesteinsschichten an die Oberfläche gedrückt worden, die sonst tief im Erdinneren verborgen bleiben. Gletscher taten dann ihr Übriges. Im Herzen des Parks liegt die Bonne Bay, eine tief eingeschnittene Meeresbucht, die wie eine natürliche Grenze wirkt und den südlichen vom nördlichen Teil trennt.
Der Park lässt sich so grob in genau diese zwei Teile gliedern: „Gros Morne South“ mit seinen Tafelbergen, den berühmten Tablelands und den großen Binnenseen wie dem Trout River Pond. Hier zeigt sich die Geologie besonders eindrucksvoll - eine fast wüstenhafte Landschaft, die stark im Kontrast zu den grünen Wäldern ringsum steht. „Gros Morne North“ hingegen wird geprägt von den tief eingeschnittenen Fjorden wie dem Western Brook Pond, steilen Klippen und kleinen Fischerdörfern an der Küste. Hier dominiert eher die Kombination aus Wasser, Bergen und Meerblicken. Das kommt morgen dran.
Nach dem kurzen Stopp im Visitor Center geht es für uns direkt auf den Lookout Trail - Empfehlung, dies zuerst zu machen, weil mit fast 400 Höhenmetern anstrengender. Das Wetter meint es immer noch bestens mit uns: strahlend sonnig, klare Sicht, aber auch ordentlich Wind oben in den Höhenlagen. Der Weg führt zunächst steil bergauf, immer wieder über Holzstege, die sumpfige und nasse Passagen überbrücken. Schritt für Schritt öffnet sich die Landschaft, bis wir schließlich auf dem Gipfel des Partridgeberry Hills stehen. Die Aussicht von dort oben ist atemberaubend – die Weite der Bonne Bay, die grünen Täler, dahinter die Berge. Und mittendrin die zwei roten Stühle, die hier oben wie ein inzwischen wohlvertrautes Einladungssignal auf uns warteten. Irgendwie hat das für mich auch teilweise große Ähnlichkeit mit den schottischen Highlands. Fast allein am Berg, nur hin und wieder ein anderes Paar, fühlt es sich an, als gehöre dieser Ausblick ganz uns. 2-3 Stunden soll der Trail dauern - wir sind nach 2:08 Std. Wieder am Auto. Eingespieltes Team, Gabi macht gutes Tempo voran und uns beiden tun die jeweils 11 Kilo gut, die wir nicht mehr mit uns rumtragen. Gute Urlaubsvorbereitung im Sommer!
Im Anschluss fahren wir dann einige Kilometer weiter zum Tablelands Trail – ein echtes Highlight im südlichen Parkteil und für uns ein Pflichtprogrammpunkt - auch das war schon zu Hause klar. Schon beim ersten Schritt fällt die ungewöhnliche Landschaft ins Auge: ockergelbe Steine, fast ohne Vegetation, karg und unwirklich. Das Besondere: Hier wandert man tatsächlich auf Gestein, das ursprünglich aus dem Erdmantel stammt. Durch tektonische Verwerfungen vor 460 Millionen Jahren wurde eine Gesteinsschicht aus mehr als 10km Tiefe an die Oberfläche gehoben. Es ist ockergelb und sehr hart. An frischeren Bruchstellen weist es grünliche bis grauschwarze, durch Längs- und Querrisse entstandene Plättchen auf. Es handelt sich um Peridodit, dessen Zusammensetzung keinerlei Pflanzenwachstum ermöglicht. Die Umgebung gleicht daher einer Mondlandschaft. Normalerweise bleiben solche Schichten viele Kilometer unter der Erdkruste verborgen – im Gros Morne aber läuft man als Besucher buchstäblich mit den Füßen „auf dem Innersten der Erde“. Das ist hier eine Landschaft, die so gar nicht nach Neufundland aussieht, wie wir es uns vorstellen: fast wüstenhaft, in warmen Gelb- und Brauntönen, und doch voller geologischer Geschichte. Zwischen Lookout Trail und Tablelands haben wir heute zwei völlig unterschiedliche Gesichter dieses Nationalparks erlebt – beide auf ihre Weise äußerst spektakulär und für uns sicher immer unvergesslich.
Nun stehen noch einmal 75 Minuten Fahrt bis zur Unterkunft auf dem Programm. Eigentlich können wir Norris Point auf der anderen Seite der Bonne Bay schon sehen. Es gibt hier aber keine Fähre. Also kurven wir einmal komplett um diese große Bucht herum, passieren noch einmal ein Eingangsschild zum Nationalpark (nördlicher Teil) und sind um 18:00 Uhr an Neddies Harbour Inn.
Sehr schicke Unterkunft mit allem drum und dran. Sogar ein Restaurant gibt es hier. Aber eher von der Sorte „fine dining“. Uns ist eher nach Hafenkneipe und Handfestem. Hier gibt es aber nicht viel an Restaurants. Ich finde auf Google als einzige Alternative den „Cat & Rooster Pub“, 1,4 km entfernt - 4 Minuten mit dem Auto. Das geht fix. Von außen: merkwürdig, von innen: Hafenkneipe!
Uns begrüßt Justin, der hinter der Theke steht mit exakt folgenden Worten: „Welcome to the cat & rootser pub. If this is your first time here let me introduce myself: I'm Justin and it’s just me I’ll be you host, server, bartender, chef, dishwasher, cleaner and after hours there is no barista, sommelier or bakery. Therefore no coffee, no tea, no desert. Wine comes from a box. It’s red or white. The pub is cash only or E-Mail money transfer. These are the terms if my service, if you’re ok with them you are more than welcome to stay. If not this building ist equipped with two exits.“ Bei den letzten Worten zeigt er auf die beiden Ausgänge und lacht. Super lustiger Vogel. „We’re ok with that all“ und nehmen Platz. Und ich schwöre: er zieht diesen Text bei allen neuen Gästen ab - 1:1. Hab ich mir das so merken können? Nein - es stand auch vorne in der Speisenkarte abgedruckt.
Wir essen die „specials of the day“: Gabi den Lachsburger, ich frittierte Hähnchenrollen, beides mit Fries, beides lecker. Danach fahren wir zurück zum Zimmer. Die Uhren zeigen jeweils mehr als 20.000 Schritte, wir sind ziemlich kaputt. Vater schreibt, dass die deutschen Basketballer ihm einen aufregenden Abend verschafft haben. Ja, scheint ein Krimi gewesen zu sein, wenn man dem World Wide Web glauben darf.
Bis morgen - da ist der nördliches Teil dieses wirklich spektakulären Nationalparks an der Reihe. Das Wetter ist wohl nicht mehr so günstig - aber schauen wir mal …
Tagesetappe: 421 Kilometer
Übernachtung: Neddies Harbour Inn, 7 Beach Road, Norris Point, NL A0K 3V0
We're so happy!!

Tiny Little Bear & Maurice the Moose, Western Brook Pond, Gros Morne NP North, NL
Ja, wir sind wirklich super glücklich - was für ein Tag!! Wir können es gar nicht glauben und hätten nie gedacht, dass wir so ein Wetterglück haben können. Gestern sah die Vorhersage für heute noch gar nicht gut aus. Aber Neufundland ist das Land, in dem sich das Wetter angeblich in 3 Stunden komplett verändern kann. Und in unserem Fall tat es das zum Guten!
Wir werden wach - blauer Himmel, die Sonne lacht. Augen reiben, nochmal hingucken - immer noch so! Na dann: auf, auf!! Unser erster Halt gilt dem Visitor Center, das nur 5 Minuten entfernt liegt und erst im letzen Jahr neu eröffnet wurde. Ein futuristischer Bau mit einer eindrucksvollen Ausstellung. Und hier lohnt es sich besonders, den „Washroom“ aufzusuchen. Über dem Waschbecken befindet sich ein breiter Bügel mit drei Symbolen von links nach rechts: Erst Seife tanken, dann Wasser laufen lassen, dann bläst warme Luft die Hände trocken. Alles automatisch, sehr schön. Wir bekommen hier aber natürlich auch gute Tipps für den Tag.
Dann fahren wir die 8 Minuten bis Rocky Harbour, finden das „Treasure Box & Cafe“, das neben Andenken auch Kaffee und frische Sandwiches bietet, schnappen uns die Beute und setzen uns auf bunte Bänke ans Ufer mit bestem Blick auf die Umgebung. Bunte Häuser, das Lighthouse in der Ferne. Lecker und schön. Welch ein Privileg, hier frühstücken zu dürfen.
Dann sind es nur 3 km bis zum Lobster Cove Lighthouse, das sich sehen lassen kann. Es ist 10:00 Uhr - wir sind wieder mal die ersten hier. Innen finden wir einige Erklärungen zur Geschichte und auch heimische Musikinstrumente. Draussen werden die Fahnen gesetzt - zu meiner Verwunderung nicht auf Halbmast, denn schließlich ist heute 9/11.
Anschließend fahren wir die 30 Minuten zum Parkplatz des Western Brook Pond. Wir haben die Bootstour über diesen Western Brooke Pond gebucht und waren von Anfang an davon überzeugt, dass das einer der absoluten Höhepunkte unserer Reise werden könnte - wenn das Wetter passt. Tut es - und die Tour ist der Hammer! Dieser Ausflug wurde von der kanadischen Tourismusbehörde als "Canadian Signature Experience" klassifiziert. Diese Auszeichnung umfasst Orte und Aktivitäten, welche als besonders ansprechend und unvergleichlich gelten. Und wenn wir uns jetzt erinnern und die Bilder anschauen steht fest: das ist völlig gerechtfertigt.
Es ist einer dieser Tage, die man so schnell nicht vergisst. Schon der Weg vom Parkplatz bis zum Anleger, dem sogenannten Western Brook Pond Boat Dock, ist etwas Besonderes: ein rund drei Kilometer langer Fußweg (ca. 45 Gehminuten) führt durch Moor- und Heidelandschaft, immer mit Blick auf die mächtigen Berge, die sich im Hintergrund auftürmen. Die Zeit vergeht wie im Flug, weil wir mit einem älteren Paar aus New Brunswick plaudern. Gabi ist inzwischen nach all den Jahren auch so fit und aufgeschlossen, dass sie wie ich munter drauflos plappert, wenn wir englischsprachig unterwegs sind. Klasse!
Und dann liegt er plötzlich vor uns, dieser See, der in Wirklichkeit ein abgeschnittener Fjord ist. Nach der letzten Eiszeit hat sich das Land gehoben und die Verbindung zum Meer verschlossen, sodass hier heute ein Süßwassersee entstanden ist – einer der reinsten überhaupt.
Das Wasser ist so klar, dass man mit bloßem Auge weit in die Tiefe schauen kann, und die Landschaft drumherum wirkt fast surreal: senkrecht fallen die Felswände ab, bis zu 600 Meter hoch, und von oben stürzen schmale Wasserfälle direkt ins Tal. Während das Boot fast lautlos über die spiegelglatte Oberfläche gleitet, verändert sich der Blickwinkel ständig – mal dominiert das Grau der nackten Felsen, mal das satte Grün der Wälder, und immer wieder öffnet sich der Himmel in einem unglaublichen Blau. Die Kontraste sind heftig und Fotografieren ist gar nicht so einfach, unsere Augen sind immer noch besser als die beste Kameratechnik. Da wirkt der Himmel auf manchen Bildern etwas ausgeblichen.
Der Western Brook Pond ist rund 16 Kilometer lang und an manchen Stellen bis zu drei Kilometer breit. An der tiefsten Stelle misst er 165 Meter, was man sich beim Blick auf die Wasseroberfläche kaum vorstellen kann. Es ist diese Mischung aus Dimensionen, Perspektiven, Ruhe und Naturgewalt, die den Ort so einzigartig macht. Kein Wunder, dass der Gros Morne National Park zum UNESCO-Weltnaturerbe gehört – hier wird Geologie lebendig und man spürt unmittelbar, wie Landschaft im Lauf der Erdgeschichte entstanden ist. Wir erinnern uns an gestern? Ich sage nur: „Gletscher“!
Es ist ein perfekter Tag: bestes Wetter, klare Sicht, glitzerndes Wasser. Ein Ort, der uns tief beeindruckt – und der auf seine ganz eigene Weise zeigt, wie gewaltig und zugleich friedlich Natur sein kann. Wir fahren auf der „West Brook I“, während zeitgleich mit uns die „West Brook II“ gestartet ist, die für mich ein willkommenes Fotomotiv darstellt, da sie immer etwas voraus fährt und sich in der gigantischen Landschaft gut als Größenvergleich eignet.
Wesentlichen Anteil am Genuss der Tour hat unser Guide KJ. Er vermittelt alles Wissenswerte mit der Stimme des Reporters eines Boxkampfes („ready to rrrrruuuummmble“). Und am Ende der Tour packt er doch tatsächlich eine Gitarre aus und performt vor unseren Augen aufs Allerfeinste. Ein echter Entertainer. Gabi bekommt zwei Löffel als Rhythmusinstrument und begleitet ihn famos. Sie ist in aller Munde und noch auf dem Parkplatz später wird sie als „german spooner“ hoch gelobt!
Im Ernst: das war ein Ausflug der allerbesten Güte, den wir im Leben nie vergessen werden. Ich habe alle drei Objektive eingesetzt und das hat sich m.E. sehr gelohnt. Tiny hat dort auch einen neuen Freund gefunden. Alle reden hier vom „Moose“, aber kaum einer hat eines gesehen. Viele freut das, weil die meisten Begegnungen unerfreulich sind. Die Tiere sind schwarz und reflektieren nicht, weswegen es hier viele Unfälle bei Nacht mit Moosen gibt. Überall finden sich Warnschilder dazu. KJ hat aber Maurice the Moose dabei und Tiny ist sofort schockverliebt.
Der Rückweg zum Parkplatz zieht sich, weil die Unterhaltung des Hinwegs fehlt. Dafür ist der Himmel mit seinen Wolkenformationen ein Foto wert.
Nach diesem unvergesslichen Erlebnis fahren wir den Empfehlungen aus dem Visitor Center nach zuerst zum Broom Point und absolvieren dort den Steve’s Trail. Schon 1808 hat hier, an der Mündung des Trout River in den Atlantic, eine Familie aus Norris Point gefischt. Wir klettern in den Felsen herum. Am Strand klicken die Steine unter unseren Füßen wie Scherben. Lobsterfallen stehen bereit, künftig wieder Seafood zu bergen. Gabi findet ein sehenswertes Dinosaurierei und präsentiert es stolz.
Next Stop: Coastal Trail am Green Point. Wir sammeln weitere Kilometer durch magischen Wald, über Boardwalks und entlang der Küste. Der perfekte Tag!
Wie kann der besser abgeschlossen werden als mit Seafood? Wir finden in Rocky Harbour ein Restaurant, das uns deswegen beim Vorbeifahren auffällt, weil man dort so schön draussen in der Abendsonne sitzen kann. Wir bestellen die Seafood Platter for 2 und wissen, das wir hier auch Ideen sammeln, wie wir Vater demnächst mal sonntags verwöhnen können: Muscheln in Weißwein-Knoblauch-Brühe, Jacobsmuscheln im Speckmantel, frittierter Kabeljau, kleine Lobster-Rolls - dazu flüssige Knoblauchbutter, Remoulade, Caesar Salad (mit Speck, Parmesan und Croutons) sowie Bier und Cider. Besser geht’s nicht!
Zurück zur Unterkunft, die bunt in der Abendsonne glänzt. Der schwarze Himmel trägt zur Dramatik der Bilder bei, verzieht sich aber wieder, als die Sonne untergeht.
So, jetzt habe ich viel geschrieben und die Fotos sind auch fertig. Morgen steht wieder eine längere Fahrt an und wahrscheinlich haben wir in Twillingate kein Internet. Daher bitte nicht wundern, wenn morgen nichts zu lesen und zu hören ist von uns. Wie sagte der rüstige Rentner heute morgen: „Wenn du nach Twillingate kommst, hast du das Ende der Welt erreicht!“
Bis bald - uns geht es so gut & wir sind total happy!!
Tagesetappe: 95 Kilometer
Übernachtung: Neddies Harbour Inn, 7 Beach Road, Norris Point, NL A0K 3V0
Newfoundland extreme

Jürgen auf dem Lower Head Lighthouse Trail, Twillingate, NL
Wir haben gut geschlafen und das Aufwachen begann heute auch nicht wie gestern bereits um 06:00 Uhr. Da klingelte nämlich der Wecker auf Gabis Nachttisch. Den hatten wohl Vorbewohner nicht entschärft. Sie haut ihn aus und 10 Minuten später meldete der sich wieder. Stecker raus. Dann 06:30 Uhr (11:00 Uhr in Deutschland); mein iPhone schreit - Nina-App, Sirenenprobealarm; klar der ist heute und mit Zeitverschiebung passt das. Also wenn es jemanden interessiert: die Sirene für die Hosentasche funktioniert in Neufundland. Heute erwachen wir ganz entspannt und lauschen dem Regen, der bereits die ganze Nacht an das Fenster klopft.
Da wir eine weite Fahrt vor uns haben packen wir zusammen, holen noch einen Kaffee und etwas Obst aus der Coffee-Bar (der Service des Hauses ist wirklich sehr, sehr gut) und fahren los. 08:15 Uhr, aktuell regnet es nur wenig, aber auf den Straßen steht zum Teil viel Wasser. Da heißt es vorsichtig zu fahren. Die Fahrt wird unterbrochen durch Tanken und Sandwiches kaufen in Deer Lake, einem Besuch im Visitor Center mit „Washroom“ vor der „Road to the Isles“ und einem kleinen Obsteinkauf im „Lewisporte Foodland“ und endet um 14:00 Uhr in Twillingate - es hat die ganze Zeit mehr oder weniger geregnet.
Vom Gros Morne National Park ging es dabei über den Viking Trail zunächst zurück bis in die kleine Ortschaft Deer Lake. Dort knüpften wir wieder an den Trans-Canada-Highway #1 an, der uns durch die Zentralregion Neufundlands in Richtung Osten führte. Dabei nimmt die Straße große Umwege, da immer wieder Seen und große Meeresbuchten umfahren werden müssen. Dieses Gebiet ist geprägt von Misch- und Nadelwald, Seen und völliger Abgeschiedenheit. Gabi fragt sich unterwegs, ob hier auch Leute leben? Und was die dann arbeiten? Oder als was sie arbeiten würde, wenn sie hier leben würde? Oder wo die Kinder zur Schule gehen? Oder was ist, wenn die hier einen Herzinfarkt kriegen. Wahrscheinlich gibt es hier keinen Grund, einen Herzinfarkt zu bekommen - hier ist die Welt ruhig, friedlich und die Uhren ticken anders als bei uns.
An der Notre Dame Junction verlassen wir den Trans-Canada-Highway und wechseln auf die #340, die „Road to the Isles“ (da die Straße mehrere Inseln über Brücken und Dämme miteinander verbindet), die uns durch eine eindrucksvolle und verwinkelte Küstenlandschaft zu den Twillingate Islands, einem der touristischen Höhepunkte Neufundlands führte.
Twillingate wird auch als die „Iceberg Capital of the World“ bezeichnet und dieser Titel ist berechtigt, denn die kleine Stadt Twillingate ist hier der Ausgangspunkt, um Eisberge zu sehen. Bis zum Mittsommer hat man in der Regel die beste Sicht auf die majestätischen Boten der Kälte, die vom Labrador Strom von den großen Gletschern im hohen Norden bis vor die Küste Neufundlands getrieben werden.
Wir checken im Anchor Inn ein. Hier gibt es auch ein beliebtes Restaurant und einen Pub, in dem ab 20:30 Uhr Live-Musik geboten wird. Für beides sollte man reservieren. Wir studieren die Speisenkarten - beide sehen super aus. Also dann der Pub, allein schon wegen der Live-Musik. Wir reservieren für 19:00 Uhr und fahren ein paar Meter weiter bergan, wo sich das Nebenhaus mit unserem Zimmer befindet. Alles die Treppe hoch wuchten, einrichten und feststellen: es gibt doch Wifi hier. Vater schreibt, dass es die deutsche Basketballmannschaft gegen Finnland ins Finale der EM geschafft hat. Herzlichen Glückwunsch!
Ich schreibe schon Tagebuch bis hierher, dann ruhen wir etwas aus. Später soll der Regen vielleicht etwas nachlassen. Dann möchten wir unbedingt noch eine Runde laufen und ein paar Bilder machen. Das kam heute noch viel zu kurz.
Am Long Point im Norden der Stadt beim Twillingate Lighthouse, das auch eine Aussichtsplattform hat, bietet sich nämlich auch ohne Eisberge ein grandioses Panorama. Auf dem Weg dorthin gibt es diverse Möglichkeiten, sich die Beine zu vertreten.
An der Küste (French Head) gibt es tolle Felsformationen mit klangvollen Namen wie Bears Head, Cobra Snake und Figure of Indian. Eine sehr schöne Wanderung (Lighthouse/Lower Head Trail) läuft vom Leuchtturm am Long Point auf hohen Klippen südwärts und parallel zum zerklüfteten Ufer durch den Sea Breeze Park.
Als wir mit dem Auto auf dem Parkplatz vor dem Leuchtturm halten, schüttelt es den Escord mächtig durch. Was ist das? Jacke an, Regenjacke drüber, Bergstiefel haben wir schon an - raus. Gar nicht so einfach, die Türen aufzukriegen; hier pfeift ein unglaublicher Wind und deshalb ist wohl auch niemand anderes hier. Regen ist auch zu spüren, aber eher als kleine, harte Einschläge auf der Regenjacke. Es regnet nicht wirklich viel, das Problem ist der Wind. Wir versuchen, etwas herumzugehen und müssen allen ernstes aufpassen, nicht davonzufliegen. Das ist sicher einer der härtesten, wenn nicht der härteste Wind, den ich jemals erlebt habe.
Selbst fotografieren ist nicht einfach. Ich habe Aufnahmen mit 1/500 Sekunde, die verwackelt sind, weil entweder die Kamera ruckte oder Gabi sich nicht halten konnte. Wir klettern dennoch um das Lighthouse herum sowie über den Lower Head Trail und haben faszinierende Aussichten. Der Himmel ist grau und es ist kaum zu sehen, wo am Horizont die Wasserlinie ist. Das Meer ist aufgewühlt und wir passen auf, dem Rand der Klippen nicht zu nahe zu kommen. Die Böen sind so heftig, dass sie nicht auszurechnen und auch kaum zu halten sind. Es gibt einen Weg, den können wir einfach nicht hinuntergehen, weil der Gegenwind zu stark ist. Sagenhaft, dieser Kontrast zu den letzten Tagen. Das ist Neufundland extrem - aber auch, wie man sich das so vorstellt mit den Kräften der Natur. Wir haben trotz oder gerade wegen der heftigen Bedingungen großen Spaß.
Am Ende sind wir dankbar für dieses Erlebnis - das Land auch von dieser Seite kennenlernen zu dürfen. Das hatte schon was!
Hinterher halten wir noch in Crows Head, wo Häuser direkt an der Klippe stehen. Ein kurzer Abstecher an den Hafen von Twillingate zur Meerjungfrau und mit Blick auf unsere blaue Unterkunft auf der gegenüberliegenden Seite rechts neben der Kirche; dann fahren wir zurück zum Zimmer. Dort schaffen wir es, die Fotos auszusuchen und zu bearbeiten, dann gehen wir hinunter zu „Captain’s Pub“.
Da gibt es leckeres Bier vom Fass, für Gabi einen Anchor Inn Cocktail und Cider. Wir bestellen eine Pizza mit Meeresfrüchten (Scallops und Scampi) und eine mit scharfer Salami. Sehr gut, aber viel zu viel. Ab 20:30 Uhr gibt es live-Music mit Mike Sixonate. Er entpuppt sich als grandioser Picker, der seine Gitarre so brillant und schnell bearbeitet, dass einem schwindelig wird. Mike erzählt nicht nur lustige Geschichten aus seinem Leben und singt meist eigene Songs, aber auch einige irische Traditionals. Die Gitarrenbegleitung ist echt Hammer!! Er spiel ein Open-Dsus2-Tuning, was die Sache für mich noch spannender macht.
Jetzt ist es nach 23:00 Uhr und wir sind immer noch pappsatt, aber sehr zufrieden mit diesem außergewöhnlichen Tag, an dem wir Neufundland von einer anderen Seite erleben durften. Ab Morgen soll das Wetter wieder besser werden.
Tagesetappe: 444 Kilometer
Übernachtung: Anchor Inn, 3 Path End, Twillingate, NL A0G 4M0
Day and Night in Terra Nova NP

Gabi auf dem Goodwiddy Path Loop Trail, Terra Nova NP, NL
Wir wachen auf, die Sonne lacht. Den Schlüssel geben wir unten am Haupthaus ab und dort liegt auch der Anker, der dem Anchor Inn seinen Namen gibt. Gegenüber leuchtet ein Häuschen in orange vor der Kirche. Kurz vor 09:00 Uhr fahren wir los.
Es geht wieder über die „Road to the Isles“, nur diesmal in umgekehrter Richtung. Und heute lohnt es sich bei Sonnenschein und blauem Himmel, hin und wieder anzuhalten und Bilder von den Seen und vom Meer zu machen. Schön, wie die bunten Häuser leuchten. Boote finden sich hier auch wie bei uns zu Hause Autos.
Später erreichen wir wieder den Trans-Canada-Highway #1 und das macht die Weiterfahrt zum Kinderspiel. 100 km/h, kaum andere Autos, nach insgesamt 3 Stunden Fahrtzeit sind wir am ersten Visitor Center des Terra Nova Nationalpark angekommen.
Der Terra Nova NP liegt an der Ostküste Neufundlands, morgen sind es noch rund 200 Kilometer südlich bis St. John’s. Er war 1957 der erste Nationalpark der Provinz und trägt einen Namen, der Programm ist: Terra Nova - „Neues Land“ - ist die lateinische Bezeichnung für Neufundland und verweist zugleich auf die spanischen Entdecker, die hier vor Jahrhunderten erstmals an Land gingen. So erklärt es uns der junge Ranger im Visitor Center.
Der Park ist geprägt von einer Mischung aus dichten Nadelwäldern, Birkenbeständen und weiten Moor- und Sumpfgebieten. Zwischen den Wäldern schneiden sich tiefe Buchten in die Küste, die wie kleine Fjorde wirken. Besonders markant ist der Newman Sound, ein langgestreckter Meeresarm, der sich weit ins Landesinnere zieht. Der Begriff „Sound“ bezeichnet im Englischen eine größere, oft fjordartige Bucht oder Wasserstraße, die durch die Brandung und das Spiel der Gezeiten geformt wurde.
In den Wäldern und Mooren leben Elche („Moose“), Schwarzbären und mit etwas Glück lässt sich auch der majestätische Weißkopfseeadler beobachten. Wanderwege führen zu Aussichtspunkten über die Buchten oder tief hinein ins grüne Hinterland. Der Ranger nimmt sich sehr viel Zeit für uns und empfiehlt sehr, den am Visitor Center beginnenden und 8 km langen „Goowiddy Path Loop Trail“ zu erwandern. Mit ganz viel Glück hätten wir dort auch eine Chance auf Wildlife.
Typisch für Terra Nova ist die Ruhe und das bekommen wir auf dem Trail auch sofort zu spüren. Hier geht es total beschaulich zu. Wir haben das Gefühl, den Trail für uns allein zu haben - umgeben von nichts als Wald und Wasser. Immer wieder bleiben wir stehen und lauschen: nichts zu hören, nur ganz selten mal etwas Vogelgezwitscher oder ein Squirrel, dass lustig quietscht. Wildlife sehen wir wenig und so mache ich mir einen Spaß daraus, auch die kleinen Dinge am Wegesrand zu fotografieren: seltene Blumen, Moose und „Spanish Moss“. Ein Squirrel sitzt auf einem Boardwalk, der hier oft anzutreffen ist, um zu sumpfige Stellen zu überbrücken. Gut, dass ich gerade das 70-200 mm drauf habe.
Es geht immer bergauf und bergab und der Pfad ist überwuchert von Farnen und gespickt mit tückischen Wurzeln. Hier kann man sich sehr schnell vertreten und dann war es das mit hiking. Also passen wir besonders gut auf. Infolge dessen zieht sich die Wanderung ganz schön in die Länge. Wir bleiben zwar unter den vom Ranger angekündigten 3 Stunden, aber nicht viel. Gegen Ende finden sich auch nochmal die beliebten 2 roten Stühle und ein besonders keckes Squirrel spielt mit uns Katz und Maus. Witziges Kerlchen! Leider habe ich jetzt das 24-70 mm am Body und da muss ich ganz schön reinschneiden, um den Kleinen gut sichtbar zu machen. Ist aber kein Problem bei der Auflösung.
Auf der Weiterfahrt zum Motel machen wir noch einen Stop am Coastal Trail, wo Gabi noch 2 Dinosauriereier entdeckt. Und wir checken „Sandy Pond“ einen der Seen, an denen man nachts die Milchstraße sehen kann, wenn die Bedingungen passen. Der Terra Nova NP ist nämlich auch ein Dark Sky Preserve, wie der Kejimkujik NP am Anfang unserer Reise. Wir planen, heute Abend nochmal unser Glück zu versuchen und schauen uns die örtlichen Gegebenheiten schon mal an. Planung ist die halbe Miete.
Das Clode Sound Motel & Restaurant macht seinem Namen auch alle Ehre. Wir parken direkt vor dem Zimmer, Sachen rein und wohlfühlen. Das Gelände hier ist riesig und Gabi macht eine Erkundungstour. Später zeigt sie mir, was es alles gibt hier auf dem Gelände. Das ist viel: von Feuerstellen über einen großen Swimmingpool hin zu einer Hollywoodschaukel und sogar kleinen Trails.
Nachdem die ersten Fotos gesichtet sind, gehen wir ins Restaurant. Eine Alternative gibt es hier in der Gegend nicht. Benötigen wir auch nicht - das ist ja sehr praktisch. Ich bestelle Fisch & Chips, schaffe aber (vernünftiger Weise!) nur die Hälfte und Gabi lässt sich Cod (Kabeljau) mit Erbsen & Möhren und einem Caesar Salad schmecken. Am Nebentisch sitzt ein niederländisches Paar und wir kommen ins Gespräch - auf englisch. Wir können einige Hinweise geben, vor allem zum Gros Morne NP, den die beiden noch erkunden wollen. Als sie Interesse an unseren Milchstraßenplänen zeigen, laden wir sie ein, mitzukommen. Und in ein paar Minuten ist es 20:30 Uhr und es geht los.
Wir sind zurück vom Sandy Pond und es hat sich unseres Erachtens sehr gelohnt. Technisch war das überhaupt kein Problem, wenn man den Bogen einmal raus hat. Manuell fokussiert, Offenblende 2,8, 15 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 3.200, später auf 13 Sekunden reduziert. Ich muss mir mal in Ruhe ein paar YouTube-Videos anschauen zur Nachbearbeitung - da kann man bestimmt noch mehr herausholen. Es ist schon erstaunlich, welche Menge an Sternen an Orten wie diesen zu sehen sind. Vielleicht hätten wir noch ein paar Minuten länger warten sollen, die Dunkelheit war noch nicht vollständig und möglicherweise wären noch ein paar tausend Sterne dazu gekommen. Ich bin aber super zufrieden mit dem Ergebnis.
Nun klingt dieser Tag ruhig aus. Wieder ein Tag voller Kontraste: Wald und Wasser - Tag und Nacht.
Mit dem Ranger haben wir uns auch lange beraten, ob wir heute oder morgen noch einen Ausflug nach Elliston machen sollen. Dort hätten wir gerne Puffins fotografiert. Die gibt es da regelmäßig in Hülle und Fülle, allerdings brechen sie Anfang September nach und nach ihre Zelte dort ab und ziehen weiter. Er weiß zu berichten, dass vor einigen Tagen noch ein paar Hundert von den putzigen Vögeln zu bestaunen waren. Vorgestern war er selbst mit Familie dort und hat noch drei in der Ferne gesehen. Da ist uns ein Umweg von mindestens 3 Stunden doch zu riskant und wir werden noch einige Zeit auf unser erstes Foto eines Papagientauchers warten müssen.
Ich bin sicher: auch der morgige Tag wird ohne Puffin ein weiteres schönes Erlebnis für uns bereithalten. Gute Nacht!
Tagesetappe: 233 Kilometer
Übernachtung: Clode Sound Motel & Restaurant, 10 Main Street, Charlottetown, NL A0C 1L0
Abschied von Neufundland

Jürgen auf dem Cape Spears Path Traili, St. John's, NL
Heute heißt es Abschied nehmen von Neufundland. Das fällt uns schwer, denn es gefällt uns hier wirklich sehr, sehr gut. Ein planmäßiger Abschied wäre uns dennoch recht gewesen - aber dazu später mehr.
Das Hilton in St. John’s ist eine Top-Unterkunft. Riesiges Zimmer mit allem Schnickschnack, super Badezimmer mit Riesendusche (und nicht nur ner Duschbadewanne wie sonst meist üblich) und sehr bequeme Betten. Da fällt es schwer, aufzustehen - aber wir haben ja Urlaub.
Ich habe gestern Abend tatsächlich noch den riesigen Fernseher ans Arbeiten gebracht. Außer Zappen ist da nicht viel drin und auf 80% der Kanäle läuft ohnehin gerade Werbung. Das finde ich aber durchaus unterhaltsam, weil man darüber auch einiges über die Mentalität der Leute lernen kann. Wenn mal ein Film läuft (z.B. Indiana Jones) kann man sicher sein, nach jeder bedeutsamen Szene, also spätestens nach 5 Minuten wieder ins Werbeprogramm zu wechseln. Äußerst beliebt sind hier (bzw. in den USA, denn deren Programm strahlen sie hier meist aus) „Reality“-Police-Serien. Da wird immer hautnah, aber viel verpixelt gezeigt, wie üble Schurken überwältigt werden. Wie erwartet ist die Kiste nach 15 Minuten wieder aus. Sieht in dem Rahmen auch Schmuck aus, wenn sie nicht flimmert.
Wir packen heute etwas um, denn für die Nacht auf der Fähre benötigen wir die allerwichtigsten Sachen in 2 Rucksäcken griffbereit - inkl. Der Dinge, die wir morgen früh anziehen wollen etc. Eine von Gabis 3 faltbaren Kühltaschen in verschiedenen Größen (in der Beziehung ist sie auch unschlagbar - für alle Fälle gerüstet), kommt auch zum Einsatz. Sie hört inzwischen auf den Namen „Lobster-Tasche“ (bei uns hat fast alles einen Namen) und nimmt bereitwillig Wein, Whisky, Wasser und Becher auf.
So gerüstet fahren wir aus der Tiefgarage und steuern Cape Spear an. Das ist der östlichste Punkt Canadas. -hier sind wir Europa am nächsten, was uns heute aber nicht wichtig ist. Auf dem Weg halten wir an 2 Aussichtspunkten an und bewundern die Kraft und Weite des Meeres. Die Wellen kacheln heftig an die Felsen. Gabi meint, ein weiteres Ei gefunden zu haben - es handelt sich hier aber nur um einen ordinären Golfball - allerdings in ungewöhnlicher Farbe.
Am Cape Spear ist die Kasse noch geschlossen - nicht schlecht für uns. Es ist auch noch kaum jemand hier um diese Zeit - es ist kurz vor 10:00 Uhr. Das alte, originale Lighthouse (quadratisch) ist nicht mehr in Betrieb - als Ersatz hat man einen schlanken Leuchtturm gebaut, der den Schiffen heute den Weg weist uns als Orientierungshilfe dient. Cape Spear ist der älteste Leuchtturm Neufundlands und auch der erste, den die Europäer nach ihrer Fahrt über das weite Meer gesehen haben. Eine sehr wichtige Landmarke also. In der Bucht sind 1983/1984 insgesamt 2.200 Eisberge getrieben - unvorstellbar.
Neben den Leuchttürmen ist der Cape Spear Path Trail der Hit. Wir kraxeln über 90 Minuten hier herum - das hätten wir nicht vermutet. Die Aussichten aus allen Höhen sind aber auch sehenswert. Ob hoch oben auf den Klippen (ich denke, dass ich viel zu nahe am Abgrund stehe und sehe dann, wo Gabi sitzt und mich fotografiert) oder in der unmittelbaren Nähe der Brandung - beeindruckend ist es allemal. Der Morgennebel hängt noch an der Steilküste, was zum Teil für eine sehr mystische Stimmung sorgt. Unten im Felsen sind offensichtlich Bunkeranlagen mit Kanonen aus den Weltkriegen - dafür interessieren wir uns aber heute nicht. Ein Fischerboot dreht seine Runde und zig Vögel folgen ihm mit viel Geschrei.
Nun machen wir uns auf den Weg Richtung Fähre - mit Zwischenstopp an der Castle Hill NHS. Hierfür müssen wir rd. ebenfalls ca. 90 Minuten rechnen - passt genau. TCH-#1 und Hwy. #100 sind zuverlässig.
Hier geht es um französische und englische Militärgeschichte der Festung „Castle Hill“ im 17. Jahrhundert.
Google sei Dank finde ich ein Restaurant am Wegesrand. Der „Dockside Pub“ ist genau nach unserem Geschmack. Wir sitzen draussen mit Blick auf den kleinen Hafen. Gabi bestellt „Cod-Bites“, was Kabeljau-Kibbellinge sind und ich eine Abwandlung der kanadischen Poutine mit BBQ-Sauce, Käse überbacken, knusprigem Bacon etc. Saulecker! Dazu ein Neufundland-Bier (Iceberg) für mich und Wein für Gabi. Klasse - die Möwe guckt interessiert zu, hält aber Abstand.
Nun aber los- wir wollen um 14:30 Uhr an der Fähre sein und sind um 14:28 Uhr da - das nenne ich Timing. Einchecken geht schnell, wir bekommen im Tausch für unseren Voucher die Bordkarten inkl. Kabinenkarte. Reihe 6 - wir stehen und das Boarding kann kommen. Dann die erste Ernüchterung: Delay: 2 Stunden - Boarding erst um 17:30 Uhr, obwohl die Fähre schon um 17:00 Uhr losfahren sollte. Mist!! Das heißt, 2 Stunden länger hier warten. Erkundigungen ergeben aber, dass die Fähre die Verspätung in der Nacht wieder reinfahren sollte - normalerweise.
Dann eine gute Nachricht: Boarding doch schon um 16:30 Uhr. Es ruckelt aber bei der Fahrt auf die Fähre, stop and go - das kennen wir anders. Egal wir stehen, unsere Kabine ist wie gebucht eine 4er zur 2er-Alleinnutzung. Alles gut. Wir schnappen uns die Lobster-Tasche mit dem Wein und gehen aufs Sonnendeck. Sundownder - es kann losgehen. Geht es aber nicht. Es zieht sich und zieht sich und tatsächlich dauert es bis 19:00 Uhr, bis wir endlich ablegen - die gewonnene Stunde ist wieder verloren.
Also nun rein in die Bar mit MacBook; ich möchte ja noch was tun. Bier und Cider sind prima - der junge Mann mit Gitarre eine echte Zumutung. Die meisten sind aber begeistert - wir finden den gruselig. Dann die nächste Hiobsbotschaft: Ankunft morgen um 12:00 Uhr - statt 09:00 Uhr. Booooh, wir sind genervt. Das klaut uns wirklich wertvolle Zeit. Was machen die denn? Noch eine zusätzliche Stunde? Wir können es nicht ändern und werden es nehmen, wie es kommt - hilft ja nix.
Jetzt habe ich 3 verschiedene Biere aus Neufundland intus und das macht den Abschied erträglicher. Die Lobster-Tasche lassen wir in Ruhe. Gute Nacht - morgen ist ein neuer Tag in Nova Scotia mit angekündigtem bestem Wetter - und das werden wir nutzen so gut es geht.
Tagesetappe: 174 Kilometer
Übernachtung: Marine Atlantic Ferry (Ala'Suinu)
Entschleunigt auf den Cabot Trail

Jürgen & Tiny Little Bear auf der Marine Atlantic Ferry, North Sydney, NS
Es ist High Noon und wir fahren immer noch Fähre. Derzeit erwartete Ankunftszeit in Sydney: 13:30 Uhr nach Zeitrechnung von Nova Scotia. Die Uhren haben wir heute nach dem Aufwachen bereits wieder um 30 Minuten zurückgestellt. Zu diesem Zeitpunkt gab es über Lautsprecher auch das neueste Update zur Ankunftszeit.
Was ist passiert? Wir erfahren, dass die Verspätung gestern auf einen technischen Defekt zurückzuführen war, der in Neufundland auch nicht behoben werden konnte. Eine Maschine ist ausgefallen und wir fahren nun die ganze Tour mit nur einem Motor. Das reduziert den Antrieb und macht uns langsam. Ärgerlich, aber nicht zu ändern. Wir sind inzwischen froh, überhaupt zu fahren und nehmen das ganze wie eine Kreuzfahrt. Das entschleunigt nicht nur die Fähre, sondern auch uns natürlich total, macht uns aber auch die heutige Programmplanung zunichte.
Aber: nicht auszudenken, wenn die Fähre gestern überhaupt nicht gefahren wäre. Dann säßen wir immer noch in Neufundland und ich möchte mir nicht ausmalen, mit welchen Unannehmlichkeiten es verbunden gewesen wäre, dort im Niemandsland ein Nachtquartier zu suchen und dann für die nächsten Tage einen Platz auf irgendeiner der ohnehin gut ausgebuchten Fähren zu sichern. Gruselig. Wir haben es ja bequem: die Sonne scheint, aufgrund der geringen Geschwindigkeit besteht keine Sorge, dass wir seekrank werden (auch das möchte ich mir nicht ausmalen) und wir haben noch unsere sehr bequeme Kabine. Überhaupt ist das Schiff super ausgestattet. Steckdosen überall, sogar USB-C-Anschlüsse in jeder Tischkante, bequeme Sitzgruppen etc. Unsere Kabine nutzen wir gern. -andere haben keine gebucht und verbringen die Nacht und den Vormittag in den unterkühlten Räumen mit den Flugzeugsitzen. Viel Platz - aber doch sehr frisch.
Einzig die Organisation ist nicht so, wie wir es bisher kennen gelernt haben. Das haben die „Newfies“ irgendwie nicht drauf. Schon das Boarding gestern war holprig, die Damen an der Bar gestern völlig unorganisiert und überfordert und auch die Frühstückstheke kriegen Gabis Leute bei Freudenberg besser hin. Da kann man mit wenig Aufwand für bessere Abläufe sorgen. Doch auch dies liegt nicht in unserer Hand und wir konzentrieren uns darauf, die Ruhe zu bewahren.
Zum Frühstück gab es 2 große Kaffee und ein leckeres Sandwich für jeden, Gabi hat noch einen Yoghurt mit Früchten und Cerealien draufgelegt. Ich habe gerade noch 2 Stunden fest geschlafen - vorher haben wir ne gute Stunde in der Sonne gesessen, mehr wäre ungesund gewesen.
Wieder auf dem Sonnendeck sehen Tiny und ich endlich Land (hurra!!); der Blick zurück: Wasser, soweit das Auge reicht.
Leider gibt es hier weder Mobilfunk noch funktionierendes WLAN. So müssen wir mal sehen, wann wir runter sind von der Fähre und was dann noch geht. Den Cabot Trail heute noch komplett zu fahren scheidet natürlich aus. Das ist dann morgen mit hoffentlich viel Zeit möglich. Bei Regen hätten wir das heute auch nicht gemacht. Vielleicht ein Teilstück? Oder doch die Fortress de Louisbourg? Ich werde berichten!
Es wurde der Cabot Trail - zumindest einen ersten Eindruck haben wir gewinnen können. Das Verlassen der Fähre gestaltet sich auch mühsam, um 13:45 Uhr haben wir endlich wieder festen Boden unter den Rädern. Fast 24 Stunden haben wir uns mit dieser Fähre beschäftigt - eindeutig zu lange.
Lust auf weitere Bauwerke der Briten und Franzosen mit Kanonen und allerlei Mummenschanz für die interessierten Touristen haben wir nicht. Wir möchten Natur und den Cabot Trail sehen, auch wenn es heute nur für einen sehr kurzen Einblick bei gleichzeitig langer Fahrstrecke reichen kann.
Nach 90 Minuten sind wir in Ingonish Beach am Rande des Cape Breton Highlands NP. Die Fahrt war super und hat viel Spaß gemacht. Im Visitor Center holen wir uns die notwendigen Informationen für morgen ab und fühlen uns nun gut vorbereitet. Auf Empfehlung absolvieren wir noch den nahe gelegenen „Middle Head Trail“, der durch bunte Blumenwiesen und dichten Wald bei schönen Ausblicken auf den Ozean führt. Eine gute Stunde sind wir hier unterwegs. Dann stehen weitere 2 Stunden Fahrt zur Unterkunft an.
Diese erreichen wir bei spektakulärem Licht der untergehenden Sonne um 19:20 Uhr. Es ist so gerade noch hell. Aber was war das für eine Fahrt: über den gewundenen Cabot Trail, eine spektakuläre Küsten- und Bergstraße mit sagenhaften Ausblicken, die man wie alles hier in Bildern nicht wirklich festhalten kann. Als wir nach einer Stunde wieder auf dem Highway sind lässt Gabi ihren Haltegriff entspannt los und serviert von diesen unglaublich leckeren, knackigen und kernlosen Trauben. Wir müssen nochmal nach Norden fast bis Sydney zurück, um dann wieder nach Süden zu fahren. Iona liegt sehr isoliert zwischen Seen - eine tolle Unterkunft, aber sehr schwer zu erreichen.
Das Motel verfügt über einen Pub und der ist richtig gut. Wir bestellen als Vorspeise einen großen Caesars Salad und dann 2 mal Linguine mit Seafood (reichlich Lobster, Scallops und Gambas in einer Sahnesoße). Weltklasse! Dazu 2 Cider vom Fass (mit stattlichen 7%) sowie einem leichten Bier zum Auftakt und dann einen hazy Propeller IPA - sehr bitter, klasse!
Und jetzt: gute Nacht. Morgen fahren wir wieder diesen langen Zubringer zum Cabot Trail und dann die ganzen 298 km in einer Schleife rund um Cape Breton und durch Highlands NP. Das wird dauern - aber es wird auch viel zu entdecken geben. Bis morgen!
Tagesetappe: 284 Kilometer
Übernachtung: The Iona Heights Inn, 4115 Hwy 223, Iona, NS B2C 1A3
The World Famous Cabot Trail

Gabi auf dem Skyline Trail, Cape Breton Highlands NP, NS
Wir haben unsere geplante Route gestern Abend bereits in google Maps mal angeschaut. Weia - mit allen Abstechern 7 Std. Fahrtzeit. Dazu kommen 2 Stunden für den Skyline Trail und geschätzt 3 Stunden für alle übrigen Unternehmungen. Wenn wir vor Dunkelheit um 19:30 Uhr wieder zurück sein wollen, sollten wir um 07:30 Uhr starten. Und das tun wir dann ganz einfach (ohne Wecker) exakt um diese Uhrzeit.
Draussen ist es herrlich, Nebel liegt über den Seen und wir fahren diesmal „unten rum“ um die Seenlandschaft, das heißt zunächst in südliche Richtung. Das Navi zeigt schon nach 20 km eine Fährennutzung an. Das hatten wir gar nicht auf dem Schirm. Und wie geht das? Die „The Little Narrows Ferry“ ist abfahrbereit, als wir ankommen; wir rollen aufs Deck, vor uns sind schon 4 andere Fahrzeuge da. Sie ziehen die Auffahrrampe hoch (und lassen sie nochmal runter, weil ein weiteres Auto kommt), fahren 3-5 Minuten und wir sind wieder runter. Dabei kostet der Spaß noch nicht einmal etwas („don’t pay the ferryman“) und läuft 24/7. Super.
Als die Fähre sofort wieder zurück fährt gelingen Aufnahmen im Gegenlicht - und am nahen Ufer strahlen die Bäume in der aufgehenden Sonne und spiegeln sich im Wasser. Je nach Blickrichtung ergibt sich eine andere Stimmung - der Nebel, der über dem Wasser treibt passt perfekt dazu.
Der Cabot Trail auf Cape Breton Island zählt zu den berühmtesten Panoramastraßen Nordamerikas. Nicht umsonst steht auf den Hinweisschildern „The World Famous Cabot Trail“. Auf 298 Kilometern schlängelt sich die Route durch den Cape Breton Highlands National Park, entlang rauer Steilküsten, über bewaldete Hochebenen und durch kleine Fischerorte, die ihren ursprünglichen Charme bewahrt haben. Immer wieder öffnen sich uns weite Blicke über den Atlantik, und mit jeder Kurve scheint die Landschaft ein neues Gesicht zu zeigen. Der Name erinnert an den Entdecker John Cabot, der Ende des 15. Jahrhunderts die Küsten Neufundlands und Nova Scotias erreichte.
Am stillen Ufer von Ingonish Beach frühstücken wir Sandwiches, die wir eben beim Tankstop erworben haben. Nur Vogelgezwitscher begleitet uns – ein ruhiger Moment, bevor wir uns auf die weitere große Rundfahrt über den Cabot Trail begeben. Nach einem kurzen Stopp im Visitor Center geht es weiter nordwärts. Immer wieder halten wir an grandiosen Aussichtspunkten, die den Blick freigeben auf die zerklüftete Steilküste. Dabei klettern wir über die Felsbrocken und haben Spaß beim Fotografieren - beide!
In Neils Harbour entdecken wir den kleinen Hafen mit seinen bunten Häusern und den rot-weißen Leuchtturm, der über den Booten wacht. Wenig später stehen wir in White Point direkt am Wasser und sehen die Felsen und Klippen diesmal aus nächster Nähe – fast schon auf Augenhöhe mit den Wellen. Einige maritime Utensilien der Fischer stehen bunt herum. Als wir die Abstecher-Runde Richtung Cabot Trail schließen sehe ich etwas am rechten Straßenrand. Ein freundlicher Fuchs versteckt sich schnell, kommt aber wieder hervor, als ich vorbei bin. Er guckt uns interessiert an und als ich nach der Kamera greifen will schnürt er über die Straße und verschwindet auf nimmerwiedersehen. So sind sie, die Füchse.
Noch eindrucksvoller wird es weiter nördlich in Meat Cove. Die staubige Anfahrt über Schotterstraßen lohnt sich, denn der Ausblick von diesem entlegenen Campingplatz ist schlicht überwältigend. Wir haben das Gefühl, am Ende der Welt zu sein. Das hier ist einer der Top Spots für Walsichtungen vom Ufer aus. Und am frühen Morgen wurden auch schon welche gesehen. Wir ahnen es mehr, als wir es wirklich wissen: sie sind da und wir sehen auch immer wieder, wie was auftaucht aus der Tiefe - leider sehr, sehr weit entfernt. Ich habe mein 200er Tele drauf und bin sicher: da ist was. Ich drücke ab und habe tatsächlich einen Rücken mit Flosse erwischt, leider winzig klein - das lässt sich nicht nutzbar herausvergrößern.
Auf der Weiterfahrt sehen wir unbekannte Meeresvögel und mit Tiny auf dem Dashboard genießen wir die spektakuläre Fahrt durch diese Berglandschaft - immer in Küstennähe und daher mit viel Aussicht. Wir passieren eine Berglandschaft mit der Erdfalte, die einst Amerika mit Afrika verbunden hatte - das ist aber schon 300 Millionen Jahre her.
Am Nachmittag besuchen wir dann das das Whale Interpretive Centre in Pleasant Bay - eine interessante Ausstellung rund um das Thema Wale. Eindrucksvoll sind die Größenvergleiche zwischen Walen, Delfinen etc. an der Wand. Dort zeige ich den Experten meinen Miniausschnitt aus dem Foto und sie bestätigen: es ist ein Pilotwal! Yes!! Gutes Auge gehabt. Die Bilder mit der Fluke vor offenen Meer sind auch dort entstanden.
Nun begeben wir uns auf den Skyline Trail. Die Empfehlung war: recht früh (ging nicht) oder eher spät. 15:00 Uhr scheint „eher spät“ zu sein, denn es ist nicht viel los. Dabei war der Trail morgens noch wegen Überfüllung geschlossen worden. Wir fragen nach Coyoten, weil davor gewarnt wurde. Die Rangerin auf dem Parkplatz erzählt, dass hier tatsächlich vor rd. 10 Jahren mal eine Wanderin von einem Coyoten angefallen und getötet wurde. Heute sei es aber sicher. Bären und Moose gibt es hier auch. Bei bestem Wetter wandern wir fast allein über den Pfad, und am Ende erwartet uns der berühmte Blick über die Steilküste – vielleicht der schönste Moment des Tages.
Nein, ganz sicher der schönste Moment, denn wieder einmal wird uns bewusst, wie privilegiert und glücklich wir sind, dass alles bei diesen Bedingungen erleben zu dürfen. Der Skyline-Trail macht seinem Namen alle Ehre: Himmel, Wasser, Felsen - grandiose Ausblicke. Gabi macht auch eine Panorama-Aufnahme eines kleinen Teilstücks des Cabot Trails mit dem iPhone. Es macht so viel Spaß, hier über die Boardwalks und Stufen zu steigen und wir machen viele Aufnahmen. Obwohl wir uns viel Zeit lassen sind wir bereits um 16:50 Uhr wieder am Trailhead. Hier trifft sich gerade eine Gruppe mit einer Rangerin für einen „Guided Hike“ und wir verquatschen uns total mit ihr und den Gästen. Auch sie bestätigt die Pilotwal-Sichtung.
Über Cheticamp komplettieren wir die Runde, machen noch ein paar Fotos an der Küste bei Sonnenuntergang und erreichen am Abend wieder die gerade abfahrtbereite Fähre, die diesmal für uns nochmal die Rampe runterlässt. 20 Minuten später und zwar um 19:15 Uhr sind wir an unserer Unterkunft angekommen – erfüllt von einem großartigen Tag auf einer der schönsten Straßen Kanadas und mit grandioser Lust auf ein Bier vom Fass. Die Planung passte!
Und das mit dem Bier passte auch. Im „The Frolic & Folks Pub“ esse ich Thai Chicken Nachos und Gabi Schwertfisch „Cajun Style“, dazu teilen wir uns einen großen Spinatsalat mit Ei, Mandarinen, Champignons und Mozzarella. Ich trinke 2 IPAs und mag den bitteren, fruchtigen Geschmack, wenn er frisch aus dem Fass kommt - erst Recht nach einem solchen Tag. Heute Abend schaffe ich es aber nicht mehr, das Tagebuch zu schreiben - ich bin glücklich geschafft.
Daher entsteht dieser Beitrag erst am nächsten morgen nach dem Aufwachen - vorher gehts ja auch nicht.
Tagesetappe: 447 Kilometer
Übernachtung: The Iona Heights Inn, 4115 Hwy 223, Iona, NS B2C 1A3
Surprising Marine Drive

Black Bear am Marine Drive, Hwy-#316, Harbour Cove, NS
Der Tag heute stand unter dem Motto „treiben lassen“, war dann voll von überraschenden Erlebnissen und dürfte schnell erzählt sein. Nach dem Aufwachen schreibe ich zunächst mal das Tagebuch von gestern und lade die Website hoch - alles andere war ja bereits vorbereitet.
Dann gehen wir in den „The Frolic and Folk Pub & Grille“ zum Frühstück. Wir wählen vom Bufffet: ich reichlich Rührei, Speck, Würstchen, Bratkartoffeln, 1/2 Bagel und eine Schnitte Toast, Frischkäse, O-Saft, Kaffee und Yoghurt. Gabi lässt es gesünder angehen. Das ist eine super Location und den Pub werden wir vermissen. Bestens gestärkt starten wir in den Tag und machen noch ein paar Aufnahmen an der Unterkunft..
Es ist bereits 10:00 Uhr, als wir vom Hof rollen. Aber der Tag hat kein Programm, außer: Nebenstrecke fahren über den sog. Marine Drive immer an der Küste entlang. Bis Port Hastings geht es allerdings über den Highway; 100 km/h, Tempomat, kein Verkehr, rollen lassen. Hinter Port Hastings geht es auf den Marine Drive, was dem Navi nicht gefällt, weil es nicht der schnellste Weg ist.
Bei Mulgarve soll es ein Visitor Center geben. Das ist aber schon geschlossen: Saison vorbei. Dafür ergeben sich am Wasser ein paar nette Motive. So erreichen wir Guysborough, das wir überhaupt nicht auf dem Zettel hatten. Naja, los ist hier auch nichts; der Ort hat seine besten Jahre offensichtlich gesehen. Ein lila Haus am Wasser fällt ins Auge. Darin verbirgt sich ein schnuckeliges Cafe und wir lassen uns 2 Latte schmecken mit Blick aufs Meer und die paar Boote, die hier liegen.
Es hat begonnen zu regnen - da war auch nicht eingeplant. Wir bekommen für eine kurze Zeit einen Eindruck davon, wie die Landschaft wirkt, wenn die Sonne nicht scheint und es nass ist. Nicht auszudenken, wenn das unser tägliches Wetter gewesen wäre. So ist es kein Problem, zumal es schnell auch wieder aufhört.
Die Straße zieht sich so dahin, immer mit Blick aufs Meer. Das ist sehr entspannend. Bei Queensport passieren wir das Rock Island Lighthouse, das sich auf eine kleine Insel im Meer duckt. Wir reizen den Marine Drive aus, dass Navi will immer abbiegen - ich nicht.
Wir erreichen Canso an der äußersten Ostküste Nova Scotias – ein kleiner, ruhiger Ort, der auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, aber voller Geschichte steckt. Schon im 16. Jahrhundert war die Gegend ein Treffpunkt für Fischer aus Europa, die hier den reichen Kabeljau fingen. Später geriet Canso zwischen die Fronten von Engländern und Franzosen, die beide die Kontrolle über diesen strategisch wichtigen Punkt am Eingang zum Golf von St. Lawrence haben wollten. Immer wieder wechselte der Ort die Hände, wurde zerstört und neu aufgebaut. Die Briten errichteten 1720 eine befestigte Siedlung, und im Jahr 1745 diente Canso sogar als Sammelpunkt für die Truppen, die von hier aus die französische Festung Louisbourg angriffen.
Heute ist davon nicht mehr viel sichtbar – übrig geblieben ist ein kleines Fischerdorf, das still an der rauen Atlantikküste liegt. Wenn wir hier stehen und den Blick über die weite See schweifen lassen, können wir uns kaum vorstellen, welch große Bedeutung dieser abgelegene Ort einmal hatte. Es ist nämlich nix los hier - überhaupt nix! Ein paar Boote im Hafenbecken. -verlassen. Nur eine Möwe hält Wacht. Motive finden sich natürlich auch hier. Gabi studiert die Tafeln, die von der Geschichte des Ortes berichten und sie schlägt vor, den Canso Harbour Walk zu gehen, wo noch mehr Schautafeln warten. Dort finden sich u.a. riesige Hagebuttensträucher. -und Gabi findet mal wieder ein Dinosaurierei.
Nun aber ab nach Charlos Cove, wir rollen und rollen, inzwischen immer noch völlig allein durch Wald; die Küste sehen wir hier nicht durchgehend. 7,9 km bzw. 10 Minuten vor der Unterkunft trifft uns fast der Schlag: da sitzt am Wegesrand auf einem Felsen ein Koloss von einem Schwarzbären. Ich bremse, Warnblinkanlage an (Sicherheit geht vor), Gabi hat mir die Z8 schon rübergereicht, mein Fenster ist schon runter, Radio aus. Ich mache die ersten Aufnahmen, Gabi packt wie eine geübte OP-Schwester das 70-200 mm Tele aus. Als hätten wir das so schon tausend mal gemacht. Okjektiv gewechselt - jetzt geht es richtig los. Meister Petz schwenkt den Kopf und präsentiert sich keine 20 Meter von uns entfernt wie eine Statue auf einem Felsblock. Dann hat er genug gesehen, dreht sich um und verschwindet.
Wir sind voller Adrenalin und völlig aus dem Häuschen. Wir haben ja schon einige Bären in freier Wildbahn gesehen. Aber der hier war mit Abstand das mächtigste, wohl proportionierte und ausgewachsenste Teil „we’ve ever seen“. Hammer! Was für ein Glück, das kein anderes Auto kam und uns gestört hat. Und wie erfreulich, dass wir uns auf diese Art und Weise begegnet sind, just zu diesem Zeitpunkt. Auf unseren Wanderungen wünschen wir uns oft Bärenbegegnungen. Ich bin aber ehrlich: dem Kerl - oder der Mama - auf einem Trail plötzlich Auge in Auge gegenüberzustehen? Da wäre uns ganz sicher warm ums Herz geworden, Respekt!
Super Erlebnis, ab zur Unterkunft, die malerisch am Ende eines unbefestigten Weges direkt am Wasser im Nirgendwo liegt. An der Einfahrt steht so etwas wie ein Leuchtturm. Wir checken ein und erfahren, dass es hier inzwischen viele Bären gibt, die Einheimischen aber nie einen sehen (wollen). Unser Zimmer hat Meerblick und ist (auf dem Foto mit den bunten Stühlen) links unten.
Wir reservieren für das Dinner (wo sollen wir hier sonst auch hin?) und finden uns nach einem kurzen Mittagsschlaf um 18:30 in dem tollen Speiseraum ein. Super Abendessen: als Vorspeisen teilen wir uns Spinatsalat mit Ziegenkäse, karamellisierten Pecanüssen und Himbeer-Mohndressing sowie Fish-Cakes vom Schwertfisch auf Salat. Dazu Brot, Bier, Rotwein. Hauptspeise: Ahornsirup-glasierter Lachs mit Cranberrysauce, Kartoffelstampfgratin und Gemüse. Köstlich!
Dann ab in die Heia, Tagebuch schreiben, Fotos bearbeiten, Website hochladen. Gabi schaut immer wieder, ob noch Fotos der Milkyway möglich werden (dunkel genug ist es hier) - aber es ist zu bedeckt. Also lassen wir den Tag ausklingen. Morgen geht es nach Halifax. Letzte Etappe, aber sicher auch spannend, denn die Stadt fanden wir ja gut. Wie lange ist das jetzt her? 3 Wochen? Kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Dieser Urlaub ist sensationell. Der Black Bear heute war die Kirsche auf der Sahnehaube. Genial!!
Tagesetappe: 229 Kilometer
Übernachtung: Seawind Landing Country Inn, 159 Wharf Road,, Charlos Cove, NS B0H 1T0