Tagebuch
We love Nova Scotia

Jürgen an der Waterfront, Halifax, NS
Nach einer sehr guten Nacht ist es praktisch, dass unser Zimmer so groß ist. Schließlich muss Gabi alle Klamotten, die uns die letzten 3 Wochen begleitet und auch unser Auto belagert haben, in 2 Koffern zzgl. Handgepäck verstauen. Das hat sie drauf - ich bewundere, dass das überhaupt geht. Das Frühstück ist prima, das Hotel wegen Ausstattung und Lage (!) Sehr zu empfehlen!
Als erstes besuchen wir heute die Halifax Citadel NHS, eine sternförmige Festung hoch über der Stadt und praktischer Weise direkt gegenüber unseres Hotels. Schon beim Hinaufgehen zum Eingang merken wir, wie dominant sie über dem Hafen thront – kein Wunder, dass die Briten hier schon 1749, im Jahr der Stadtgründung, mit Befestigungen begannen. Die heutige Anlage stammt von 1856 und ist bereits die vierte an dieser Stelle. Interessant: so massiv wie sie gebaut wurde, kam sie nie in einer Schlacht zum Einsatz. Der Eintritt ist mit unseren Jahrespässen abgegolten.
Wir schlendern durch die Kasematten und Magazine, schauen uns die Ausstellungen an und bekommen ein gutes Gefühl dafür, wie das Soldatenleben im 19. Jahrhundert hier oben ausgesehen hat. Der Freiplatz in der Mitte ist riesig. Besonders beeindruckend ist der Kanonenschuss zur Mittagsstunde, der seit 1857 täglich abgefeuert wird - um dieses Zeit sind wir aber schon lange wieder verschwunden hier. Von den Mauern aus genießen wir den weiten Blick über die Stadt und den Hafen – ein großartiger Moment, an dem sich Geschichte und Gegenwart von Halifax auf besondere Weise verbinden. Auch in eine der unterirdischen Munitionskammern verirren wir uns. Dennoch: Militär und Militärgeschichte mit den Ausstellungen all dieser Waffen, die nur dazu gemacht sind, andere Leute umzubringen, sind nicht wirklich unser Ding. Es gehört dazu, sich ein Bild zu machen und sich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Daher sind die Beschreibungen, wie die Menschen hier in den verschiedenen Epochen gelebt haben, für uns auch durchaus interessant. So richtig „schön“ finden wir aber insbesondere Ausstellungen verschiedener Kampfmittel, Uniformen, Ehrenzeichen etc. im Army Museum, das im großen Gebäude untergebracht ist, nicht. Es wird Zeit, dass wir hier verschwinden, die ersten Busse rollen an. Unten im Hafen liegen neue Kreuzfahrtschiffe.
Vorbei am „Old Clock Tower“ spazieren wir bergab und erreichen die City Hall inkl. kleinem Triumphbogen. Und nochmal einige hundert Meter weiter bergab gelangen wir wieder an die Waterfront. Es ist nochmal ein wunderschöner Tag mit blauem Himmel und ich wundere mich immer, welche Kraft die Sonne hat. Selbst bei Temperaturen um 16 Grad (später sind es über 20) kannst du mühelos mit dem T-Shirt rumlaufen und musst dich sogar noch vor der Sonne schützen. Oben an der Zitadelle oder im Schatten der Hochhausfluchten pfeift der Wind (so kalt) und es ist extrem frisch.
An der Waterfront finden wir die maritimen Motive, aber auch viel Kunst und Straßenmusiker. Beliebt sind irische Weisen auf der Fiddle - für 5 Minuten ganz schön, aber dann wird es anstrengend. Gabi findet einen interessant beschnittenen Stein und schafft es, das Lighthouse winzig klein im Durchbruch abzubilden. „The Emigrant“ weist auf Freud und Leid der Einwanderer hin und ist ein Vorbote des Museums über die große Einwanderung nach dem 2. Weltkrieg weiter hinten im Hafen. Dort befindet sich auch der historische Farmersmarket, der mit den üblichen frischen Produkten, aber auch mit allerlei liebevoll gestalteten Handwerken und kreativen Nahrungsmitteln aufwartet. Ein buntes Gewusel an Menschen, Geräuschen und Düften begleitet uns durch die Reihen der Aussteller und Verkäufer.
Zurück an der Waterfront gehen wir nochmal zu den betrunkenen Lampen hinüber; die finden wir allzu witzig. Das Kunstwerk aus dem Jahre 2012 heißt „The way things are“. Eine Tafel beschreibt das Kunstwerk kurzgefasst so: „Die drei Skulpturen von Chris Hanson und Hendrika Sonnenberg nehmen die Form funktionierender Straßenlaternen an, die besonders „menschliche“ Dinge tun. Sie zeigen eine umgestürzte Laterne, während eine zweite Lampe scheinbar besorgt darauf herabblickt. Diese spielerische Installation verweist auf die kleinen, schelmischen Verhaltensweisen, die man in unseren Städten und an den Uferpromenaden nur allzu oft beobachten kann.“ Wir sehen hier allerdings keine betrunkenen oder herumliegenden Leute - gut so!
Nun setzen wir uns in zwei der vielen bunten, und liebgewonnenen Canada-Stühle, legen die Füße hoch und schauen mal 30 Minuten einfach so aufs Wasser. So langsam bekommen wir Lust auf ein Getränk und einen kleinen Snack. Wir verlassen daher die bunte Waterfront mit dem größeren Trubel - auch der Kreuzfahrttouristen - und schlendern wieder bergan Richtung „Innenstadt“/Downtown. Dabei begegnet uns zum x-ten Male eines dieser Amphiebienfahrzeuge der „Harbour Hopper“, die Stadtrundfahrten durchführen und am Ende einfach so in den Hafen düsen, um eine kleine Hafenrundfahrt anzuschließen. Bunt und lebhaft - so ist die Waterfront.
Nach einen Blick auf den Uhrenturm vom Rathausvorplatz aus finden wir das „Dursty Nelly“ in der Argyle Street, einen belebten Irish Pub mit einem schönen Plätzchen für uns draussen in der Nachmittagssonne. Wir teilen uns Pulled Pork Nachos mit BBQ-Soße (die Nachos sind diesmal frittiert, bevor sie mit all den Zutaten überbacken wurden) dazu gibt es wie immer ein Bierchen bzw. Cider. So vergeht die Zeit.
Ein Stündchen haben wir noch, dann sollten wir aufbrechen Richtung Airport. Was noch fehlt von den Sehenswürdigkeiten der Stadt ist der „Public Garden“. Diese Oase der Ruhe befindet sich nur 2 Blocks vom Hotel - und damit dem Stellplatz unseres Autos mit dem ganzen Gepäck - entfernt, allerdings steil bergan. Das ist aber leicht bewältigt und wir machen noch einige bunte Bilder zum Abschluss. Besonders stark vertreten sind hier Dahlien, die in vielen Farben und Formen daherkommen. Auf einem Teich grüßt die Titanic noch einmal, dann heißt es auch für uns Abschied zu nehmen. Wie hieß es heute Vormittag auf einer der farbigen Wandmalereien? „We love Nova Scotia“ - das können wir unterschreiben und wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal hier.
Die Fahrt zum Airport dauert mit einer Stunde doppelt so lange wie die Hinfahrt vor drei Wochen. Der Grund: Brückensperrung - und ohne die große Brücke über die „Narrows“ ergeben sich auch hier größere Umwege. Die Fahrt ist aber nochmal sehr schön, führt sie doch (langsam, wegen Geschwindigkeitsbegrenzungen) durch Vororte und am Wasser entlang. Mit der üppigen Natur ist das noch einmal eine Erinnerung an die Küstenstraßen der vergangenen Tage - eine schöne Ergänzung unseres ohnehin gelungenen Abschlusstages.
Die Rückgabe des Mietwagens ist wie gewohnt eine Sache von 2 Minuten. Der Airport ist klein, weshalb es auch keinerlei Wartezeiten bei der Gepäckaufgabe oder Sicherheitskontrolle gibt. Letztere beschäftigt mich dann aber geschlagene 30 Minuten. Das meine Kameraausrüstung auf Sprengstoff untersucht wird, habe ich in all den Jahren ja schon oft erlebt. Diesmal haben sie aber Spurenelemente eines verdächtigen Stoffes aufgespürt. Daher nehmen sie auch von meinen Handinnenflächen, meiner Hüfte und Knöcheln Proben und unterziehen mich einer intensiven Körperkontrolle. Der Rucksack geht noch einmal durch den Scanner und wird dann komplett auseinander genommen. Ich erkläre, wofür die ganzen Einzelteile sind - alles super freundlich; der Kontrolleur ist sogar sehr interessiert an Details zu Kamera und Objektiven. Am Ende ist alles gut (natürlich, ich habe ja nix zu verbergen), wir füllen gemeinsam noch ein Formular aus und ich bedanke mich für die sorgfältige Kontrolle. Dass die Officers so genau sind, dient ja schließlich auch unserer eigenen Sicherheit.
Um die Zeit bis zum um 30 Minuten verspäteten Boardings zu überbrücken gibt es noch ein letztes Bier und eine Margaritha an der Bar; Gabi schreibt Tagebuch und ich schaue mir Videos zu den neuen Betriebssystemen für Mac, iPhone und iPad an. Die werde ich installieren, wenn wir wieder zu Hause sind („never change a running system“ - jedenfalls nicht, wenn du wie wir hier im Urlaub auf die Geräte angewiesen bist).
Der Flug ist mit 6,5 Stunden kurz; um 07:20 Uhr sind wir in Frankfurt; die Nacht war wegen der Zeitumstellung für uns 5 Stunden kürzer. Dann geht alles wider erwarten sehr schnell. Immer müssen wir ewig auf die Koffer warten - jetzt sind sie Nr. 3 und 5, die vom Band rollen. Überraschung - auf zum Fernbahnhof. Einen optimalen ICE nach Düsseldorf verpassen wir um nur 1 Minute. Die Wege sind halt weit auf dem Airport FRA. Aber der nächste kommt schon in 15 Minuten. Den müssen wir in Köln verlassen, bekommen aber dort sofort Anschluss nach Düsseldorf. Und da können wir die RE 10 eigentlich nicht erreichen, weil sie zeitgleich abfahren müsste, wie unser ICE einläuft. Trotz Fußweg von Gleis 18 zu 5 schaffen wir es aber. Diesmal ist es gut, dass der RE 10 fünf Minuten später abfährt. So sind wir bereits um kurz vor 11 Uhr in Nieukerk. Ich hole schnell das Auto von zu Hause, dann sind auch die Koffer und Gabi wieder daheim.
Und so endet auch dieses Tagebuch am „Tag danach“. Fazit? Es war eine tolle und vor allem super entspannte und entspannende Reise. Ich bin überrascht, dass aus den als kürzeste Strecke „geplanten“ 3.500 km am Ende 5.007 km wurden, die wir mit unserem Ford zurückgelegt haben. Die Abstecher, Umwege und Ausflüge in diesem riesigen Land machen sich bemerkbar; sind aber jeden Kilometer Wert, denn: „Der Weg ist das Ziel!“
Im Gegensatz zu den USA und dem westlichen Kanada stehen hier im maritimen „Atlantic Canada“ an der Ostküste nicht die großen Nationalparks mit ihren spektakulären Landschaften („Gros Morne NP“ ausgenommen) im Fokus. Hier geht es mehr um das Lebensgefühl und die Mischung aus hügeliger Berglandschaft, die immer vom Wasser (Seen, Fjorde, Flüsse, Meer) begleitet wird. Kaum Menschen und Autos, viel Landschaft, sagenhaft viele Bäume und die relaxte Einstellung der Menschen hier hat für uns einen unfassbaren Erholungswert gehabt.
Das Fotografieren mit der Z8 und der „Holy Trinity“ hat super viel Spaß gemacht. Der Umstieg von jahrzehntelanger DSLR-Praxis (Spiegelreflex) auf die Systemkamera ist tatsächlich erwartet ungewohnt. Vieles ist anders - in der Nikon-Welt aber sehr leicht verständlich; die Handhabung ist in wesentlichen Punkten sehr gewohnt. Der Autofokus ist der Hammer, der Dynamikumfang super und die hohe Auflösung auch. Dazu kommt die ausgefuchste Möglichkeit, individuelle Einstellungen und Tastenbelegungen festzulegen. Automatikprogramme fehlen verständlicherweise bei dieser Kategorie komplett, was auch Gabi animiert hat, sich intensiver als sonst damit zu beschäftigen, wie gute Fotos gelingen können. Auch der Austausch mit ihr hat viel Spaß gemacht. Zusätzlich hat sie hin und wieder ein Foto beigesteuert, das sie mit ihrem iPhone gemacht hat - darin ist sie nämlich auch wirklich gut.
Reisen ist und bleibt unser liebstes Hobby. Hoffen wir, gesund und munter zu bleiben. Und gehen wir mal davon aus, dass die „Welt“ irgendwann auch wieder in ein vernünftiges Fahrwasser kommt und nicht noch mehr aus dem Gleichgewicht gerät. Daran müssen wir alle arbeiten, auch wenn unser Einfluss darauf beschränkt ist. Aber: jeder kleine Schritt zählt. So werden wir hoffentlich bald ein neues Reisekapitel aufschlagen und dann auch wieder ein neues Reistagebuch eröffnen. Bis dahin tun wir, was wir gerne tun und genießen unser schönes Zuhause und die lieben Menschen, die wir hier nicht vermissen müssen. In diesem Sinne: wir sehen uns - bis bald!!
Tagesetappe: 44 Kilometer
Übernachtung: Discover Airlines (Lufthansa)
Halifax hat was!

Jürgen an der Waterfront, Halifax, NS
Als ich aufwache, kommt Gabi schon von einem Fotospaziergang zurück. Sonnenaufgang am Meer, Sie hat ihn erwischt, das Licht ändert sich schnell. Wir frühstücken im Seawind County Inn - der Speiseraum ist einfach zu cool. Uns beeindruckt vor allem das große Bullauge; toll umgesetzt. Gabi nimmt den Youghurt-Früchte-Müslibecher, ich die „Captains’s Choice“ mit Rührei, Bacon, Toast und ein wenig Hashbrowns. Saft und Kaffee dazu - fertig!
Es folgen 4 Stunden Achterbahn auf dem Marine Drive. Auch heute nehmen wir wieder die etwas langsamere Strecke. Es geht rauf und runter, links und rechts rum. Zwischendurch nimmt uns wieder eine Fähre mit ans andere Ufer - Solofahrt für uns. Der Straßenzustand ist durchwachsen und unser Ford hält tapfer durch. Er hat so machen Hüpfer und viele Schlaglöcher ertragen müssen. Mir macht das großen Spaß, nach 4 Stunden ist es dann aber auch genug; die letzten 50 km vor Halifax werden die Straßen besser.
Das Zimmer im Cambridge Suites Hotel ist gigantisch. Wir packen das Auto komplett leer. Während ich hier schreibe packt Gabi alles, was wir haben und mitnehmen müssen geschickt in 2 Koffer. Es ist mir ein Rätsel, wie sie das immer macht. Apropos: auch dieses Mal hat sie mich wieder mit ihrer Organisation der großen und kleinen Dinge überrascht. Es war immer das Tool zur Hand, das gerade gebraucht wurde, Reisen auf die äußerst angenehme Art. Perfektes Zusammenspiel - ein fettes Dankschön an dieser Stelle!!
Nun brechen wir auf, Downtown Halifax mal bei Tageslicht zu erkunden. Am Convention Center gibt es ein buntes Farbenspiel auf LED-Screens. Aber auch in der Argyle Street und den Nebenstraßen geht es bunt zu. Irgendwie sind wir anfangs aber überfordert. So viele Menschen, Autos und Geräusche sind wir einfach nicht gewohnt nach der wohltuenden Ruhe der letzten drei Wochen - das werden wir auch zu Hause sehr vermissen.
Es ist aber weiterhin ein strahlend schöner Tag und wir erreichen die Waterfront – die Sonne scheint und überall herrscht geschäftiges Treiben. Zwischen Cafés und Bootsanlegern liegt das Maritime Museum of the Atlantic. Wir beschließen, uns das heute anzusehen und drinnen tauchen wir sofort ein in die maritime Geschichte der Stadt. Schiffsmodelle, historische Karten und nautische Geräte erzählen von Jahrhunderten voller Abenteuer, Handel und Gefahren auf See.
Besonders eindrucksvoll ist die Ausstellung zur Titanic. Halifax war nach dem Untergang 1912 der wichtigste Ort für die Bergung der Opfer. Schiffe liefen von hier aus, um Leichen und Wrackteile zu bergen. Im Museum sehen wir persönliche Gegenstände wie Schuhe, Schmuckstücke oder ein zerknittertes Ticket – kleine, stille Zeugen eines riesigen Dramas. Mehr als 150 Opfer fanden in Halifax ihre letzte Ruhestätte, auf drei verschiedenen Friedhöfen der Stadt. Die Titanic galt damals als das größte jemals von Menschen gebaute Transportmittel – ein technisches Wunderwerk ihrer Zeit. Doch in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 kollidierte sie mit einem Eisberg und sank innerhalb von weniger als drei Stunden. Von den rund 2.200 Menschen an Bord überlebten nur etwa 700, während über 1.500 ihr Leben verloren. Das ist schon gruselig und beispielhaft möchte ich auf ein Detail eingehen: Eine Grafik, die Gabi mit dem iPhone fotografiert hat zeigt, wie die Überlebenden und Opfer auf die Klassen und Geschlechter verteilt waren. Frauen und Kinder der ersten und zweiten Klasse haben fast alle überlebt, Männer und diejenigen, die unter nicht so guten Bedingungen reisten, hatten das Nachsehen. Den Kinofilm mit Leonardo und Kate mögen wir sehr; hier aber „hautnah“ mit dem Unglück konfrontiert zu werden ist schon sehr speziell und wirklich eindrucksvoll.
Mindestens ebenso bewegend ist der Museumsteil zur Explosion von 1917. Am 6. Dezember stieß im Hafen von Halifax das französische Munitionsschiff Mont-Blanc mit einem norwegischen Frachter zusammen. Kurz darauf explodierte die Ladung – 2,9 Kilotonnen Sprengstoff, die stärkste von Menschenhand verursachte Explosion vor dem Atomzeitalter. Rund 2.000 Menschen verloren ihr Leben, über 9.000 wurden verletzt, ganze Stadtviertel wurden dem Erdboden gleichgemacht. Fotos, Zeitungsberichte und gerettete Objekte im Museum machen deutlich, wie verheerend dieser Tag war und wie sehr er Halifax geprägt hat. Auch das ist unbeschreiblich anschaulich dargestellt und packt uns.
Als wir wieder hinaus an die sonnige Waterfront treten, begleitet uns der Eindruck, wie eng das Schicksal dieser Stadt mit dem Meer verknüpft ist – Quelle von Reichtum, aber auch Ursprung unermesslicher Tragödien.
Nach dem eindrucksvollen Museumsbesuch tut es gut, wieder hinaus ins Leben zu treten. Auf der Waterfront herrscht heitere Stimmung: bunte Buden mit Eis und Souvenirs, Kinder, die lachend zwischen den Skulpturen herumtollen, und überall Menschen, die entspannt auf den Bänken und auf den Sonnenterrassen der Hafenrestaurants sitzen und die Sonne genießen. Auffällig sind auch die vielen Touristen, die heute von 4 Kreuzfahrtschiffen an Land strömten. Die ernsten Geschichten aus der Vergangenheit begleiten uns zwar noch, doch hier draußen überwiegt das leichte, fröhliche Gefühl eines Sommertages in Halifax.
So landen wir im Brown Hounds Pub der Alexander Keith’s Brewery, die hier beheimatet ist. Wir hocken uns an die Theke und ich teste das Pale Ale und das Red Ale, Gabi bleibt beim Cider. Auch eine Lobster-Roll mit Fries gönnen wir uns jeder noch einmal. Die Fries sind übrigens überall, wo wir waren in diesem Urlaub, hausgemacht. Frisch geschnitten, meist mit Schale, knusprig und sehr lecker. Der Zapfhahn mit dem Hirsch von Alexander Keith gefällt mir richtig gut. Es gäbe sogar Guiness vom Fass, das trinke ich aber gerne in Kürze wieder mit den lieben Leuten zu Hause bei Max in der Whiskybotschaft 2.0.
Zwischendurch war es auch mal etwas bewölkt, jetzt ist die Sonne wieder da und die hat so eine Kraft! Wir gehen nochmal die Waterfront entlang und die „betrunkenen Laternen“ strahlen jetzt in ganz anderem Licht. Wir gehen bis hinter die Kreuzfahrtterminals und finden die Garrison Brewery, deren Bier ich in den vergangenen Wochen mehrfach genossen habe. Ok, einer geht noch. Wir setzen und raus und schießen gegenseitig noch ein paar Portraits in der Abendsonne.
Morgen Abend geht der Flieger nach Hause - den Tag verbringen wir aber noch in dieser schönen Stadt, die uns wirklich außerordentlich gut gefällt. Halifax hat was - ohne Frage: und zwar etwas, das uns super gut gefällt!!
Tagesetappe: 282 Kilometer
Übernachtung: Cambridge Suites Hotel, 1583 Brunswick Street, Halifax, NS B3J 3P5
Surprising Marine Drive

Black Bear am Marine Drive, Hwy-#316, Harbour Cove, NS
Der Tag heute stand unter dem Motto „treiben lassen“, war dann voll von überraschenden Erlebnissen und dürfte schnell erzählt sein. Nach dem Aufwachen schreibe ich zunächst mal das Tagebuch von gestern und lade die Website hoch - alles andere war ja bereits vorbereitet.
Dann gehen wir in den „The Frolic and Folk Pub & Grille“ zum Frühstück. Wir wählen vom Bufffet: ich reichlich Rührei, Speck, Würstchen, Bratkartoffeln, 1/2 Bagel und eine Schnitte Toast, Frischkäse, O-Saft, Kaffee und Yoghurt. Gabi lässt es gesünder angehen. Das ist eine super Location und den Pub werden wir vermissen. Bestens gestärkt starten wir in den Tag und machen noch ein paar Aufnahmen an der Unterkunft..
Es ist bereits 10:00 Uhr, als wir vom Hof rollen. Aber der Tag hat kein Programm, außer: Nebenstrecke fahren über den sog. Marine Drive immer an der Küste entlang. Bis Port Hastings geht es allerdings über den Highway; 100 km/h, Tempomat, kein Verkehr, rollen lassen. Hinter Port Hastings geht es auf den Marine Drive, was dem Navi nicht gefällt, weil es nicht der schnellste Weg ist.
Bei Mulgarve soll es ein Visitor Center geben. Das ist aber schon geschlossen: Saison vorbei. Dafür ergeben sich am Wasser ein paar nette Motive. So erreichen wir Guysborough, das wir überhaupt nicht auf dem Zettel hatten. Naja, los ist hier auch nichts; der Ort hat seine besten Jahre offensichtlich gesehen. Ein lila Haus am Wasser fällt ins Auge. Darin verbirgt sich ein schnuckeliges Cafe und wir lassen uns 2 Latte schmecken mit Blick aufs Meer und die paar Boote, die hier liegen.
Es hat begonnen zu regnen - da war auch nicht eingeplant. Wir bekommen für eine kurze Zeit einen Eindruck davon, wie die Landschaft wirkt, wenn die Sonne nicht scheint und es nass ist. Nicht auszudenken, wenn das unser tägliches Wetter gewesen wäre. So ist es kein Problem, zumal es schnell auch wieder aufhört.
Die Straße zieht sich so dahin, immer mit Blick aufs Meer. Das ist sehr entspannend. Bei Queensport passieren wir das Rock Island Lighthouse, das sich auf eine kleine Insel im Meer duckt. Wir reizen den Marine Drive aus, dass Navi will immer abbiegen - ich nicht.
Wir erreichen Canso an der äußersten Ostküste Nova Scotias – ein kleiner, ruhiger Ort, der auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, aber voller Geschichte steckt. Schon im 16. Jahrhundert war die Gegend ein Treffpunkt für Fischer aus Europa, die hier den reichen Kabeljau fingen. Später geriet Canso zwischen die Fronten von Engländern und Franzosen, die beide die Kontrolle über diesen strategisch wichtigen Punkt am Eingang zum Golf von St. Lawrence haben wollten. Immer wieder wechselte der Ort die Hände, wurde zerstört und neu aufgebaut. Die Briten errichteten 1720 eine befestigte Siedlung, und im Jahr 1745 diente Canso sogar als Sammelpunkt für die Truppen, die von hier aus die französische Festung Louisbourg angriffen.
Heute ist davon nicht mehr viel sichtbar – übrig geblieben ist ein kleines Fischerdorf, das still an der rauen Atlantikküste liegt. Wenn wir hier stehen und den Blick über die weite See schweifen lassen, können wir uns kaum vorstellen, welch große Bedeutung dieser abgelegene Ort einmal hatte. Es ist nämlich nix los hier - überhaupt nix! Ein paar Boote im Hafenbecken. -verlassen. Nur eine Möwe hält Wacht. Motive finden sich natürlich auch hier. Gabi studiert die Tafeln, die von der Geschichte des Ortes berichten und sie schlägt vor, den Canso Harbour Walk zu gehen, wo noch mehr Schautafeln warten. Dort finden sich u.a. riesige Hagebuttensträucher. -und Gabi findet mal wieder ein Dinosaurierei.
Nun aber ab nach Charlos Cove, wir rollen und rollen, inzwischen immer noch völlig allein durch Wald; die Küste sehen wir hier nicht durchgehend. 7,9 km bzw. 10 Minuten vor der Unterkunft trifft uns fast der Schlag: da sitzt am Wegesrand auf einem Felsen ein Koloss von einem Schwarzbären. Ich bremse, Warnblinkanlage an (Sicherheit geht vor), Gabi hat mir die Z8 schon rübergereicht, mein Fenster ist schon runter, Radio aus. Ich mache die ersten Aufnahmen, Gabi packt wie eine geübte OP-Schwester das 70-200 mm Tele aus. Als hätten wir das so schon tausend mal gemacht. Okjektiv gewechselt - jetzt geht es richtig los. Meister Petz schwenkt den Kopf und präsentiert sich keine 20 Meter von uns entfernt wie eine Statue auf einem Felsblock. Dann hat er genug gesehen, dreht sich um und verschwindet.
Wir sind voller Adrenalin und völlig aus dem Häuschen. Wir haben ja schon einige Bären in freier Wildbahn gesehen. Aber der hier war mit Abstand das mächtigste, wohl proportionierte und ausgewachsenste Teil „we’ve ever seen“. Hammer! Was für ein Glück, das kein anderes Auto kam und uns gestört hat. Und wie erfreulich, dass wir uns auf diese Art und Weise begegnet sind, just zu diesem Zeitpunkt. Auf unseren Wanderungen wünschen wir uns oft Bärenbegegnungen. Ich bin aber ehrlich: dem Kerl - oder der Mama - auf einem Trail plötzlich Auge in Auge gegenüberzustehen? Da wäre uns ganz sicher warm ums Herz geworden, Respekt!
Super Erlebnis, ab zur Unterkunft, die malerisch am Ende eines unbefestigten Weges direkt am Wasser im Nirgendwo liegt. An der Einfahrt steht so etwas wie ein Leuchtturm. Wir checken ein und erfahren, dass es hier inzwischen viele Bären gibt, die Einheimischen aber nie einen sehen (wollen). Unser Zimmer hat Meerblick und ist (auf dem Foto mit den bunten Stühlen) links unten.
Wir reservieren für das Dinner (wo sollen wir hier sonst auch hin?) und finden uns nach einem kurzen Mittagsschlaf um 18:30 in dem tollen Speiseraum ein. Super Abendessen: als Vorspeisen teilen wir uns Spinatsalat mit Ziegenkäse, karamellisierten Pecanüssen und Himbeer-Mohndressing sowie Fish-Cakes vom Schwertfisch auf Salat. Dazu Brot, Bier, Rotwein. Hauptspeise: Ahornsirup-glasierter Lachs mit Cranberrysauce, Kartoffelstampfgratin und Gemüse. Köstlich!
Dann ab in die Heia, Tagebuch schreiben, Fotos bearbeiten, Website hochladen. Gabi schaut immer wieder, ob noch Fotos der Milkyway möglich werden (dunkel genug ist es hier) - aber es ist zu bedeckt. Also lassen wir den Tag ausklingen. Morgen geht es nach Halifax. Letzte Etappe, aber sicher auch spannend, denn die Stadt fanden wir ja gut. Wie lange ist das jetzt her? 3 Wochen? Kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Dieser Urlaub ist sensationell. Der Black Bear heute war die Kirsche auf der Sahnehaube. Genial!!
Tagesetappe: 229 Kilometer
Übernachtung: Seawind Landing Country Inn, 159 Wharf Road,, Charlos Cove, NS B0H 1T0
The World Famous Cabot Trail

Gabi auf dem Skyline Trail, Cape Breton Highlands NP, NS
Wir haben unsere geplante Route gestern Abend bereits in google Maps mal angeschaut. Weia - mit allen Abstechern 7 Std. Fahrtzeit. Dazu kommen 2 Stunden für den Skyline Trail und geschätzt 3 Stunden für alle übrigen Unternehmungen. Wenn wir vor Dunkelheit um 19:30 Uhr wieder zurück sein wollen, sollten wir um 07:30 Uhr starten. Und das tun wir dann ganz einfach (ohne Wecker) exakt um diese Uhrzeit.
Draussen ist es herrlich, Nebel liegt über den Seen und wir fahren diesmal „unten rum“ um die Seenlandschaft, das heißt zunächst in südliche Richtung. Das Navi zeigt schon nach 20 km eine Fährennutzung an. Das hatten wir gar nicht auf dem Schirm. Und wie geht das? Die „The Little Narrows Ferry“ ist abfahrbereit, als wir ankommen; wir rollen aufs Deck, vor uns sind schon 4 andere Fahrzeuge da. Sie ziehen die Auffahrrampe hoch (und lassen sie nochmal runter, weil ein weiteres Auto kommt), fahren 3-5 Minuten und wir sind wieder runter. Dabei kostet der Spaß noch nicht einmal etwas („don’t pay the ferryman“) und läuft 24/7. Super.
Als die Fähre sofort wieder zurück fährt gelingen Aufnahmen im Gegenlicht - und am nahen Ufer strahlen die Bäume in der aufgehenden Sonne und spiegeln sich im Wasser. Je nach Blickrichtung ergibt sich eine andere Stimmung - der Nebel, der über dem Wasser treibt passt perfekt dazu.
Der Cabot Trail auf Cape Breton Island zählt zu den berühmtesten Panoramastraßen Nordamerikas. Nicht umsonst steht auf den Hinweisschildern „The World Famous Cabot Trail“. Auf 298 Kilometern schlängelt sich die Route durch den Cape Breton Highlands National Park, entlang rauer Steilküsten, über bewaldete Hochebenen und durch kleine Fischerorte, die ihren ursprünglichen Charme bewahrt haben. Immer wieder öffnen sich uns weite Blicke über den Atlantik, und mit jeder Kurve scheint die Landschaft ein neues Gesicht zu zeigen. Der Name erinnert an den Entdecker John Cabot, der Ende des 15. Jahrhunderts die Küsten Neufundlands und Nova Scotias erreichte.
Am stillen Ufer von Ingonish Beach frühstücken wir Sandwiches, die wir eben beim Tankstop erworben haben. Nur Vogelgezwitscher begleitet uns – ein ruhiger Moment, bevor wir uns auf die weitere große Rundfahrt über den Cabot Trail begeben. Nach einem kurzen Stopp im Visitor Center geht es weiter nordwärts. Immer wieder halten wir an grandiosen Aussichtspunkten, die den Blick freigeben auf die zerklüftete Steilküste. Dabei klettern wir über die Felsbrocken und haben Spaß beim Fotografieren - beide!
In Neils Harbour entdecken wir den kleinen Hafen mit seinen bunten Häusern und den rot-weißen Leuchtturm, der über den Booten wacht. Wenig später stehen wir in White Point direkt am Wasser und sehen die Felsen und Klippen diesmal aus nächster Nähe – fast schon auf Augenhöhe mit den Wellen. Einige maritime Utensilien der Fischer stehen bunt herum. Als wir die Abstecher-Runde Richtung Cabot Trail schließen sehe ich etwas am rechten Straßenrand. Ein freundlicher Fuchs versteckt sich schnell, kommt aber wieder hervor, als ich vorbei bin. Er guckt uns interessiert an und als ich nach der Kamera greifen will schnürt er über die Straße und verschwindet auf nimmerwiedersehen. So sind sie, die Füchse.
Noch eindrucksvoller wird es weiter nördlich in Meat Cove. Die staubige Anfahrt über Schotterstraßen lohnt sich, denn der Ausblick von diesem entlegenen Campingplatz ist schlicht überwältigend. Wir haben das Gefühl, am Ende der Welt zu sein. Das hier ist einer der Top Spots für Walsichtungen vom Ufer aus. Und am frühen Morgen wurden auch schon welche gesehen. Wir ahnen es mehr, als wir es wirklich wissen: sie sind da und wir sehen auch immer wieder, wie was auftaucht aus der Tiefe - leider sehr, sehr weit entfernt. Ich habe mein 200er Tele drauf und bin sicher: da ist was. Ich drücke ab und habe tatsächlich einen Rücken mit Flosse erwischt, leider winzig klein - das lässt sich nicht nutzbar herausvergrößern.
Auf der Weiterfahrt sehen wir unbekannte Meeresvögel und mit Tiny auf dem Dashboard genießen wir die spektakuläre Fahrt durch diese Berglandschaft - immer in Küstennähe und daher mit viel Aussicht. Wir passieren eine Berglandschaft mit der Erdfalte, die einst Amerika mit Afrika verbunden hatte - das ist aber schon 300 Millionen Jahre her.
Am Nachmittag besuchen wir dann das das Whale Interpretive Centre in Pleasant Bay - eine interessante Ausstellung rund um das Thema Wale. Eindrucksvoll sind die Größenvergleiche zwischen Walen, Delfinen etc. an der Wand. Dort zeige ich den Experten meinen Miniausschnitt aus dem Foto und sie bestätigen: es ist ein Pilotwal! Yes!! Gutes Auge gehabt. Die Bilder mit der Fluke vor offenen Meer sind auch dort entstanden.
Nun begeben wir uns auf den Skyline Trail. Die Empfehlung war: recht früh (ging nicht) oder eher spät. 15:00 Uhr scheint „eher spät“ zu sein, denn es ist nicht viel los. Dabei war der Trail morgens noch wegen Überfüllung geschlossen worden. Wir fragen nach Coyoten, weil davor gewarnt wurde. Die Rangerin auf dem Parkplatz erzählt, dass hier tatsächlich vor rd. 10 Jahren mal eine Wanderin von einem Coyoten angefallen und getötet wurde. Heute sei es aber sicher. Bären und Moose gibt es hier auch. Bei bestem Wetter wandern wir fast allein über den Pfad, und am Ende erwartet uns der berühmte Blick über die Steilküste – vielleicht der schönste Moment des Tages.
Nein, ganz sicher der schönste Moment, denn wieder einmal wird uns bewusst, wie privilegiert und glücklich wir sind, dass alles bei diesen Bedingungen erleben zu dürfen. Der Skyline-Trail macht seinem Namen alle Ehre: Himmel, Wasser, Felsen - grandiose Ausblicke. Gabi macht auch eine Panorama-Aufnahme eines kleinen Teilstücks des Cabot Trails mit dem iPhone. Es macht so viel Spaß, hier über die Boardwalks und Stufen zu steigen und wir machen viele Aufnahmen. Obwohl wir uns viel Zeit lassen sind wir bereits um 16:50 Uhr wieder am Trailhead. Hier trifft sich gerade eine Gruppe mit einer Rangerin für einen „Guided Hike“ und wir verquatschen uns total mit ihr und den Gästen. Auch sie bestätigt die Pilotwal-Sichtung.
Über Cheticamp komplettieren wir die Runde, machen noch ein paar Fotos an der Küste bei Sonnenuntergang und erreichen am Abend wieder die gerade abfahrtbereite Fähre, die diesmal für uns nochmal die Rampe runterlässt. 20 Minuten später und zwar um 19:15 Uhr sind wir an unserer Unterkunft angekommen – erfüllt von einem großartigen Tag auf einer der schönsten Straßen Kanadas und mit grandioser Lust auf ein Bier vom Fass. Die Planung passte!
Und das mit dem Bier passte auch. Im „The Frolic & Folks Pub“ esse ich Thai Chicken Nachos und Gabi Schwertfisch „Cajun Style“, dazu teilen wir uns einen großen Spinatsalat mit Ei, Mandarinen, Champignons und Mozzarella. Ich trinke 2 IPAs und mag den bitteren, fruchtigen Geschmack, wenn er frisch aus dem Fass kommt - erst Recht nach einem solchen Tag. Heute Abend schaffe ich es aber nicht mehr, das Tagebuch zu schreiben - ich bin glücklich geschafft.
Daher entsteht dieser Beitrag erst am nächsten morgen nach dem Aufwachen - vorher gehts ja auch nicht.
Tagesetappe: 447 Kilometer
Übernachtung: The Iona Heights Inn, 4115 Hwy 223, Iona, NS B2C 1A3
Entschleunigt auf den Cabot Trail

Jürgen & Tiny Little Bear auf der Marine Atlantic Ferry, North Sydney, NS
Es ist High Noon und wir fahren immer noch Fähre. Derzeit erwartete Ankunftszeit in Sydney: 13:30 Uhr nach Zeitrechnung von Nova Scotia. Die Uhren haben wir heute nach dem Aufwachen bereits wieder um 30 Minuten zurückgestellt. Zu diesem Zeitpunkt gab es über Lautsprecher auch das neueste Update zur Ankunftszeit.
Was ist passiert? Wir erfahren, dass die Verspätung gestern auf einen technischen Defekt zurückzuführen war, der in Neufundland auch nicht behoben werden konnte. Eine Maschine ist ausgefallen und wir fahren nun die ganze Tour mit nur einem Motor. Das reduziert den Antrieb und macht uns langsam. Ärgerlich, aber nicht zu ändern. Wir sind inzwischen froh, überhaupt zu fahren und nehmen das ganze wie eine Kreuzfahrt. Das entschleunigt nicht nur die Fähre, sondern auch uns natürlich total, macht uns aber auch die heutige Programmplanung zunichte.
Aber: nicht auszudenken, wenn die Fähre gestern überhaupt nicht gefahren wäre. Dann säßen wir immer noch in Neufundland und ich möchte mir nicht ausmalen, mit welchen Unannehmlichkeiten es verbunden gewesen wäre, dort im Niemandsland ein Nachtquartier zu suchen und dann für die nächsten Tage einen Platz auf irgendeiner der ohnehin gut ausgebuchten Fähren zu sichern. Gruselig. Wir haben es ja bequem: die Sonne scheint, aufgrund der geringen Geschwindigkeit besteht keine Sorge, dass wir seekrank werden (auch das möchte ich mir nicht ausmalen) und wir haben noch unsere sehr bequeme Kabine. Überhaupt ist das Schiff super ausgestattet. Steckdosen überall, sogar USB-C-Anschlüsse in jeder Tischkante, bequeme Sitzgruppen etc. Unsere Kabine nutzen wir gern. -andere haben keine gebucht und verbringen die Nacht und den Vormittag in den unterkühlten Räumen mit den Flugzeugsitzen. Viel Platz - aber doch sehr frisch.
Einzig die Organisation ist nicht so, wie wir es bisher kennen gelernt haben. Das haben die „Newfies“ irgendwie nicht drauf. Schon das Boarding gestern war holprig, die Damen an der Bar gestern völlig unorganisiert und überfordert und auch die Frühstückstheke kriegen Gabis Leute bei Freudenberg besser hin. Da kann man mit wenig Aufwand für bessere Abläufe sorgen. Doch auch dies liegt nicht in unserer Hand und wir konzentrieren uns darauf, die Ruhe zu bewahren.
Zum Frühstück gab es 2 große Kaffee und ein leckeres Sandwich für jeden, Gabi hat noch einen Yoghurt mit Früchten und Cerealien draufgelegt. Ich habe gerade noch 2 Stunden fest geschlafen - vorher haben wir ne gute Stunde in der Sonne gesessen, mehr wäre ungesund gewesen.
Wieder auf dem Sonnendeck sehen Tiny und ich endlich Land (hurra!!); der Blick zurück: Wasser, soweit das Auge reicht.
Leider gibt es hier weder Mobilfunk noch funktionierendes WLAN. So müssen wir mal sehen, wann wir runter sind von der Fähre und was dann noch geht. Den Cabot Trail heute noch komplett zu fahren scheidet natürlich aus. Das ist dann morgen mit hoffentlich viel Zeit möglich. Bei Regen hätten wir das heute auch nicht gemacht. Vielleicht ein Teilstück? Oder doch die Fortress de Louisbourg? Ich werde berichten!
Es wurde der Cabot Trail - zumindest einen ersten Eindruck haben wir gewinnen können. Das Verlassen der Fähre gestaltet sich auch mühsam, um 13:45 Uhr haben wir endlich wieder festen Boden unter den Rädern. Fast 24 Stunden haben wir uns mit dieser Fähre beschäftigt - eindeutig zu lange.
Lust auf weitere Bauwerke der Briten und Franzosen mit Kanonen und allerlei Mummenschanz für die interessierten Touristen haben wir nicht. Wir möchten Natur und den Cabot Trail sehen, auch wenn es heute nur für einen sehr kurzen Einblick bei gleichzeitig langer Fahrstrecke reichen kann.
Nach 90 Minuten sind wir in Ingonish Beach am Rande des Cape Breton Highlands NP. Die Fahrt war super und hat viel Spaß gemacht. Im Visitor Center holen wir uns die notwendigen Informationen für morgen ab und fühlen uns nun gut vorbereitet. Auf Empfehlung absolvieren wir noch den nahe gelegenen „Middle Head Trail“, der durch bunte Blumenwiesen und dichten Wald bei schönen Ausblicken auf den Ozean führt. Eine gute Stunde sind wir hier unterwegs. Dann stehen weitere 2 Stunden Fahrt zur Unterkunft an.
Diese erreichen wir bei spektakulärem Licht der untergehenden Sonne um 19:20 Uhr. Es ist so gerade noch hell. Aber was war das für eine Fahrt: über den gewundenen Cabot Trail, eine spektakuläre Küsten- und Bergstraße mit sagenhaften Ausblicken, die man wie alles hier in Bildern nicht wirklich festhalten kann. Als wir nach einer Stunde wieder auf dem Highway sind lässt Gabi ihren Haltegriff entspannt los und serviert von diesen unglaublich leckeren, knackigen und kernlosen Trauben. Wir müssen nochmal nach Norden fast bis Sydney zurück, um dann wieder nach Süden zu fahren. Iona liegt sehr isoliert zwischen Seen - eine tolle Unterkunft, aber sehr schwer zu erreichen.
Das Motel verfügt über einen Pub und der ist richtig gut. Wir bestellen als Vorspeise einen großen Caesars Salad und dann 2 mal Linguine mit Seafood (reichlich Lobster, Scallops und Gambas in einer Sahnesoße). Weltklasse! Dazu 2 Cider vom Fass (mit stattlichen 7%) sowie einem leichten Bier zum Auftakt und dann einen hazy Propeller IPA - sehr bitter, klasse!
Und jetzt: gute Nacht. Morgen fahren wir wieder diesen langen Zubringer zum Cabot Trail und dann die ganzen 298 km in einer Schleife rund um Cape Breton und durch Highlands NP. Das wird dauern - aber es wird auch viel zu entdecken geben. Bis morgen!
Tagesetappe: 284 Kilometer
Übernachtung: The Iona Heights Inn, 4115 Hwy 223, Iona, NS B2C 1A3
Seetag

Gabi auf der Marine Atlantic Ferry "The Highlanders", Sydney, NS
Wir wachen zur gewohnten Zeit auf und lassen es wie immer ruhig angehen. Ab heute gibt es mit Ausnahme des Abreisetages kein Frühstück mehr auf dieser Reise - jedenfalls nicht mehr inklusive im Hotel. Statt dessen drehen wir noch eine kurze Runde in der Morgensonne über den Boardwalk bis zum Hafen. Einen kurzen Stopp legen wir beim Denkmal für die in Seenot geratenen Marinesoldaten der Weltkriege ein. Im Hafen liegt heute ein amerikanisches Kreuzfahrtschiff. Das zeigt der „Big Fiddle“ mal kurz, welches Verständnis sie von „Big“ hat. Da sieht die Geige ganz verloren aus. Ich möchte nicht wissen, was hier gleich los ist, wenn die paar tausend Gäste gefrühstückt haben und über die Stadt herfallen. Anschließend finden wir in der Charlotte Street auch sehenswerte Wandmalereien und vor dem Hotel entdecke ich noch einen hübschen Schmetterling..
Dann packen wir alles ins Auto und fahren zum nächsten Superstore. Die Basic Lebensmittel (Wasser, Nachos, Trauben etc.) müssen erneuert werden. Zusätzlich kaufen wir Bagels, Frischkäse, Truthahnbrust etc. für die kommenden ersten Mahlzeiten des Tages. Instantkaffee und Creamer haben wir noch, so dass es im Hotel schon einen Kaffee in die Yeti-Becher gab. Von den gut aussehenden Sandwiches nehmen wir auch 2 mit. Dann fahren wir die 30 Minuten zum Fährterminal fertig.
Einchecken geht wieder problemlos am Drive-Thru-Schalter. 2 Stunden vor Abfahrt (12:15 Uhr) Wir stellen unser Auto in eine der Warteschlangen und gehen mit den Yetis und den Sandwiches zu einer gemütlichen Parkbank. Frühstück! Kaum ist das auf, sehen wir schon die ersten Wagen Richtung Fähre rollen. Das geht schneller als erwartet. Die Fähre namens „The Highlanders“ ist riesig und es ist beeindruckend zu sehen, wie Truck nach Truck hoch oben auf das Deck rollt. Auf einem Foto ist das zu sehen. Wir folgen in den Bauch des Schiffes.
Bereits um 11:15 Uhr sitzen wir oben auf Deck 10, dem Sonnendeck, das seinem Namen alle Ehre macht. Wir cremen uns ein, die Sonne hat eine wahnsinnige Kraft, auch wenn unsere Thermometer nur gut 20 Grad anzeigen. Abfahrt ist dann überraschenderweise schon um 11:45 Uhr bei schönen Blicken auf die Steilküste und einen weiteren Leuchtturm. Wir genießen die Wärme und Aussicht; ich unterhalte mich länger mit einer Dame, die eine kleine, 12 Jahre alte D8500 mit einem 200-500 f5.6 bewaffnet hat. Ganz schöner Trümmer, dieses Objektiv.
Gabi meint, die 7 Stunden bis Neufundland seien ja im Grunde so etwas wie ein Langstreckenflug, nur mit Schiff. Ja, stimmt - und mit viel mehr Bewegungsfreiheit, ohne feste Sitzplätze und mit ganz viel frischer Luft. Also doch eher wie ein Seetag auf der AIDA? Ja, aber kürzer und ohne Buffett. Also doch etwas ganz einzigartiges. Schön!!
Dann gehen wir unter Deck, die Sorge, uns zu verbrennen, überwiegt. Außerdem müssen ja noch die Hausaufgaben von gestern bewältigt werden. Wir setzen uns in die Bar, bestellen ein Bier und einen Cocktail, sortieren und bearbeiten Fotos, schreiben Tagebuch von gestern und ich mache die Homepage von gestern fertig. Als das getan ist gönnen wir uns einen Basket „Wings & Fries“ mit einem weiteren Getränk.
Da wir ganz vorne im Schiff sitzen (mit bestem Blick) auf die Fahrtrichtung schaukelt es nun doch etwas, obwohl die See recht ruhig scheint. Das ist mir nicht geheuer und so ziehe ich die Sea-Bands an, die mich bisher immer vor Seekrankheit bewahrt haben. Ich verziehe mich nach Mittschiffs, setze mich in einen dieser opulenten Sessel und mache die Augen zu. Fast zwei Stunden später kommt Gabi dazu und ich wache auf. Klasse.
Da kommt auch schon eine Durchsage, dass wir in einer Stunde in Neufundland eintreffen. Das ging ja viel schneller als erwartet. So schreibe ich schon mal schnell diesen Text bis hierher.
Das Einlaufen in Port aux Basques im Abendlicht ist spektakulär. Den Leuchtturm habe ich in allen Lichtstimmungen fotografiert und für das Album hier mal eine Gegenlichtaufnahme ausgesucht. Davor jagen sich wilde Jetskifahrer und die bunten Häuser der Siedlungen glänzen in der Sonne. Gabi fragt, ob das alles echt ist oder wir im Miniatur-Wunderland gelandet sind? Oben auf dem Hügel voraus ist in grün bereits unser Hotel für die kommende Nacht zu sehen. Es ist 18:00 Uhr und wir sind sehr gut durchgekommen. Hier ist es allerdings schon 18:30 Uhr - unsere erste Zeitverschiebung um 30 Minuten; das hatten wir noch nie. Wir sind Deutschland in den nächsten Tagen also nur noch 4:30 Std. hinterher.
Bis hierher dauert die Autofahrt nur 5 Minuten. Schnell haben wir unser Zimmer bezogen, gehen noch kurz raus - hier ist aber heute nichts mehr zu holen. Dann lieber schnell ins hoteleigene Restaurant, bevor das schließt. Wir bestellen einen „Seafood Bake“, der von der Beschreibung spannend klingt. War es dann auch - und sehr lecker sowie glücklicherweise mal nicht frittiert. Man nehme ein schönes Stück Kabeljau, lege es in eine Auflaufform und begieße es mit einer gehörigen Portion Seafood-Chowder, also Meeresfrüchtesuppe. Dann mit Käse überbacken und ein fluffiges Brötchen dazu reichen. Das merken wir uns. Ist quasi eine Seafoodlasagne ohne Nudeln. Pures Glück, purer Geschmack. Lecker.
Da ich auf dem Schiff schon etwas Tagebuch geschrieben habe, geht es nun hier zu Ende - ich bin fertig und dann lassen wir den Abend ausklingen. Die nächsten beiden Tage werden wieder sehr spannend - es geht in den sagenumwobenen Gros Morne NP. Bis dahin sind es aber erst mal wieder 400 km. Daher: gut schlafen, nicht zu spät aufbrechen …
Tagesetappe: 62 Kilometer
Übernachtung: St. Christopher's Hotel, 146 Caribou Road, On Route 1, Port aux Basques, NL A0M 1C0
Beautiful Glenora Distillery

Jürgen an der Glenora Distillery, Cape Breton, NS
Das Frühstück ist gut und edel wie gestern. Gabi probiert mal „Oatmeal“ (warme Haferflocken etc. mit Banane und Rosinen) - dazu natürlich auch frisches Obst und Yoghurt. Hat ihr geschmeckt, wird aber nicht ihr Favorite. Ich bleibe da lieber beim Omelette, da weiß ich, was ich habe.
Eingepackt hatten wir schon und so starten wir gegen 09:15 Uhr. 30 Minuten Fahrt bringen uns zum ersten und damit ältesten Lighthouse auf PEI zum Point Prim. Die Zeit können wir uns noch nehmen, wir haben heute einen „Termin“ und zwar mit der Fähre, die uns zurück nach Nova Scotia bringt. Wir sind um 09:45 Uhr die ersten Gäste am Lighthouse, machen die ersten Bilder, um 10:00 Uhr öffnet der Souveniershop und das Lighthouse. Auch da sind wir die ersten und die freundliche Dame im Souveniershop verkauft mir nicht nur die Eintrittskarten, sondern zeigt uns auch die allererste Lampe, die dort oben verbaut war. Sie schmückt heute ihren Shop. Das Besondere ist der Schliff der verschiedenen Spiegel, die das Licht so reflektieren, dass es weit hinaus aufs Meer reicht. Der alte Spiegel wurde noch mit Walfischtran befeuert; später wurde die Technik durch die heute ausgestellte Lampe ersetzt. Das machte das Licht bis zu 17 Meilen weit sichtbar. Die gleiche Leistung bringen heute 3 kleine LEDs.
Wir erklimmen die steilen Leitern und wundern uns, wie es der Leuchtturmwärter hier früher ausgehalten hat. Je Etage eine Funktion: Arbeit, Schlafen, Kochen und Essen etc. Die Aussicht oben ist toll und wenn wir die beiden Sensoren an der Lampe verdecken, geht sie an. Dürfen wir machen - haben vorher gefragt.
Auf dem Rückweg über die unbefestigte Straße kommen wir wieder an dem Haus vorbei, dass im Vorgarten einen Baum hat, in dem Bojen aufgehängt sind. Nette Deko. Aber auch andere Häuser sind wiedermal sehr sehenswert. In aller Regel sind die Grundstücke hier nie eingezäunt - alles sehr luftig und einladend.
Pünktlich sind wir an der Fähre in Wood Island und der Check-in ist einfach. Da ist eine Bahnfahrt bei uns weitaus komplizierter. Das Boarding läuft ruckzuck und sehr organisiert. An allen wichtigen Positionen ein Einweiser - schon sind wir auf Deck und genießen die Zeit von 11:45 bis 13:00 Uhr bei bestem Wetter an der frischen Luft. Überflüssig zu erwähnen, dass die Fähre auf die Minute pünktlich und mit einem lauten Hupen abfährt. Gabi schreibt Tagebuch, ich mache ein paar Bilder, dann sind wir auch schon in Caribou, NS.
Heute müssen wir Strecke machen. Dabei hat uns die Fährfahrt gut 2 Stunden zusätzliche Autofahrt erspart. Die wären fällig gewesen, wenn wir wieder über die Confidential-Bridge zurück ans Festland gefahren wären. Aber auch so sind es gut 4 Stunden bis Sydney, wo wir heute Abend sein sollten.
Wir beschließen, einen kleinen Umweg zu fahren und die Fahrtzeit durch einen Besuch der Glenora Distillery zu unterbrechen. Die ersten 2 Stunden sind gut zu fahren, viel Highway, Tempomat rein und laufen lassen. Um 15:15 Uhr sind wir bei Glenora und sofort sind wir begeistert: sie kommt daher wie eine typische schottische Distillery, Sie erinnert mich etwas an Edradour mit den roten Fenstern etc.
Die Glenora Distillery ist die erste Single Malt Distillery Kanadas und wird in wenigen Tagen 25 Jahre alt. Für nur 7,00 Dollar/Person (rd. 5 Euro) buchen wir die Tour für 16:00 Uhr. Die ist dann auch schön und informativ; mit 10 Personen ist die Gruppe auch überschaubar. Der Guide ist begeistert von seinem Arbeitsplatz, aber nicht gut zu verstehen. Da hilft es sehr, dass wir die Grundzüge der Whiskyherstellung sehr gut kennen. Besonderheiten gibt es hier nicht, sie verwenden das klassische Verfahren, verkaufen hier aber nur Whisky, der mindestens 10 Jahre im Fass war (das ist ihre Standardabfüllung). In Liquor Shops soll es wohl auch 6-jährigen geben, davon hält unser Guide aber nichts.
Er stellt die aktuelle Range vor, den 10-jährigen aus dem Bourbon-Fass dürfen wir probieren. Nunja, das war leider eher enttäuschend. Eher flach und nichtssagend - sorry. Optisch kommt der gut rüber in einer wertigen Box zum Preis von 85,00 CA$ (rd. 50,00 Euro). Interessanter klingt da schon der 12-jährige, der ein Finish in Eisweinfässern bekommen hat. Der kostet aber schon 125,00 CA$ - und hier hat die Marketingabteilung total geschlafen! Die Box ist das billigste, was ich je gesehen habe, da war der Mekongwhiskey in Thailand liebevoller verpackt. Der 18-jährige ist peated, also rauchig - die Gerste kommt aus Schottland. Meine Frage, woher genau, versteht er nicht - „Schottland“ ist doch präzise …
Dann folgt der dreifache Goldmedaillengewinner mit einem Alter von 21 Jahren zu 300,00 CA$ und so weiter. Auch meine weitere Frage, warum die Distillery „Glenora“ heißt, auf allen Flaschen und Packungen aber „Glen Breton“ steht, will er nicht verstehen. Es sei doch super, aus „Cape Breton“ „Glen Breton“ zu machen! Jaja, aber die Distillery muss doch irgendwo erwähnt werden? Offensichtlich nicht. Fazit: super Destille, der Whisky muss sich noch bei uns beweisen. Wenn wir nochmal nach Nova Scotia kommen, werden wir hier übernachten und ein ausführliches Tasting machen.
Weiter 2 Stunden Fahrt durch die Highlands von Cape Breton Island werden in Angriff genommen und bewältigt. Die sind von der Strecke her deutlich kürzer (fast die Hälfte von frühen Nachmittag), aber ein irres Gegurke durch die landschaftlich tolle Berg- und Fjordwelt Cape Bretons. 10.000 Schritte schaffe ich heute mal nicht - 10.000 Kurven bin ich definitiv gefahren.
So erreichen wir Sydney und das vor 2 Jahren komplett sanierte „The Simon Hotel“. Unser Raum ist riesig und der beste bisher auf dieser Reise. Viel sehen werden wir ihn nicht. Kaum sind die Koffer auf dem Zimmer düsen wir los. Wir möchten uns noch etwas bewegen und das letzte Tageslicht nutzen. Das Hotel liegt super zentral am Hafen und so sind wir direkt auf dem vorbeiführenden Boardwalk. Da ist das Sydney-Sign und nach gut 10 Minuten sind wir am Hafen, der recht menschenleer daherkommt. So ist auch ein Foto mit dem Wahrzeichen, der „Big Fiddle“ schnell im Kasten. Irgendwoher fiddelt es irische Folkmusik und Gabi setzt gleich zu einem Tänzchen an - sehr schön!
Wir gehen einen Block bergan und landen in der Charlotte Street. Hier gibt es Läden und Restaurants; uns spricht der „The Old Triangle Irish Brew Pub“ an. Super urig, sehr schöne Lebensweisheit an der Wand, gute Mucke (seit langem hören wir mal wieder „A Woman’s heart“), Pizza und Bier sowie Cider vom Fass - eine tolle Belohnung für die fast 400 km, die wir heute gefahren sind.
Da morgen auf der Fähre genug Zeit ist, lasse ich Tagebuch und Bilder heute links liegen, mache ausnahmsweise mal den Fernseher an (und nach 15 Minuten wieder aus) - dann heißt es „gute Nacht“!
Tagesetappe: 391 Kilometer
Übernachtung: The Simon Hotel, 380 Esplanade, Sydney, NS B1P 1B1
The Bay of Fundy

Gabi im Hopewell Rocks PP, Bay of Fundy, NB
Das Frühstück im August House gibt es erst ab 08:30 Uhr, so dass wir es ruhig angehen lassen können. Wie alles hier im Haus ist auch die erste Mahlzeit des Tages liebevoll angerichtet, mit viel Gefühl für die kleinen Details. Tolles Brot, Aufstriche, Wurst und Käse, homemade Granola, Rührei, Heidelbeeren, O-Saft, Kaffee etc. - und alles ohne Plastik. Wir lassen es uns schmecken und kommen mit einem älteren kanadischen Paar ins Gespräch, die in Halifax zu Hause sind.
Wieder unterwegs fahren wir zunächst über Nebenstraßen eine gute Stunde zum Fundy Tidal Interpretive Center im South Mainland Village Park. Hier wird alles erklärt, was man zur Bay of Fundy wissen muss und eine Aussichtsplattform gibt es auch - aktuell ist Flut.
Nun stehen wir also an der Bay of Fundy, die weltberühmt ist für ihren einzigartigen Tidenhub. Um zu verstehen, was hier geschieht, lohnt ein kurzer Blick auf das große Ganze: Ebbe und Flut entstehen durch die Anziehungskraft von Mond und Sonne auf die Erde. Zweimal täglich „zieht“ der Mond das Wasser an – die Ozeane wölben sich, und an den Küsten steigen und fallen die Wasserstände. Der Unterschied kann gewaltig sein, doch in den meisten Regionen der Welt beträgt er nur wenige Meter.
Ganz anders hier in der Bay of Fundy. Diese riesige Bucht zwischen Nova Scotia und New Brunswick ist so geformt, dass sie das einströmende Wasser wie in einem Trichter verstärkt. Hinzu kommt, dass die Eigenfrequenz der Bucht mit dem Rhythmus der Gezeiten „mitschwingt“ – ein perfektes Resonanzsystem. Dadurch türmt sich das Wasser höher und höher. So wird es im Interpretive Center beschrieben - verstanden habe ich das mit der „Resonanz“ nicht wirklich.
Die Zahlen allein sind aber beeindruckend: Alle sechs Stunden fließen hier bis zu 160 Milliarden Tonnen Wasser hinein und wieder hinaus – mehr als in allen Flüssen der Welt zusammen. Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut kann an manchen Stellen über 20 Meter betragen, weltweit einmalig. Wer bei Ebbe an den Ufern steht, blickt auf weite Flächen braunen Schlicks, in denen die Boote auf dem Trockenen liegen. Nur Stunden später schwimmen dieselben Boote wieder viele Meter höher, fest vertäut am Kai.
Hier wird sehr anschaulich, wie stark Ebbe und Flut sein können. Innerhalb von 24 Stunden und 52 Minuten gibt es 2 x Ebbe und 2 x Flut - alle gut 6 Stunden fließt die vorgenannte Menge Wasser also jeweils rein und raus. Irre, oder? Erst liegt der Meeresboden trocken, dann steigen die Wassermassen innerhalb von 6 Stunden wieder viele Meter an. Häfen, Boote und Strände verändern ihr Gesicht im schnellen Rhythmus – und genau das macht die Bay of Fundy so besonders. All das werden wir heute und morgen beobachten können. Schaut mal auf die Bilder.
Nächster Stop nach einer weiteren Stunde gemütlicher Fahrt über die Autobahn gen Norden nach New Brunswick: Sackville mit dem Waterfowl Park, in dem sich über 50 Vogelarten tummeln. 3 km Wanderweg, teilweise als Boardwalk durch sumpfiges Gelände gibt es hier und wir drehen eine große Runde. Die Vögel halten sich bedeckt - kein Wunder bei der Hitze und um diese Tageszeit - die Sonne steht senkrecht. Es duftet aber sehr intensiv nach all den Kräutern und Pflanzen und es tut gut, die Füße zu vertreten. Immerhin bequemen sich einige Enten zu uns rüber. Die ersten Blätter werden bunt.
Für den Höhepunkt des Tages führt es uns abschließend zu einem der bekanntesten Orte an der Bay of Fundy – dem Hopewell Rocks Provincial Park in New Brunswick. Schon auf dem Parkplatz merken wir, dass es nicht zu voll ist. Keine Massen, kein Gedränge, nur ein paar andere Besucher – genau richtig, um die Felsformationen in Ruhe zu entdecken. Genau richtig ist auch der Zeitpunkt: 15:20 Uhr - und jetzt ist „low tide“.
Zuerst bleiben wir oben an der Treppe stehen und machen unsere ersten Fotos von den berühmten „Flowerpots“. Der Weg führt uns dann über eine Stufenanlage hinunter zum Ufer, wo bei Ebbe der „Meeresboden“ begehbar wird. Wir wandern knapp zwei Stunden durch die bizarr geformten Felsen, die wie riesige Blumentöpfe aus dem Boden ragen. Über Jahrtausende hat das Wasser diese „Flowerpots“ aus dem Fels geschliffen. Bei Flut stehen sie im Wasser, doch jetzt, bei Ebbe, spazieren wir direkt zwischen ihnen hindurch. Es ist ein eigenartiges Gefühl, dort zu laufen, wo sich wenige Stunden später wieder Millionen Tonnen Wasser auftürmen werden.
Die Zeit vergeht schnell, und wir spüren beim Gehen den lehmigen Boden unter den Schuhen. Ganz leise ist es hier – nur Möwen und das Knirschen der Schritte begleiten uns - wenn man von den zum Teil nervigen, weil immer im Weg stehenden anderen Leute absieht. Dennoch ein sehr besonderer Ort, an dem wir die Gewalt der Gezeiten nicht nur sehen, sondern unmittelbar erleben.
Später geht es wieder hinauf – der Blick vom Big Cove Lookout und auch von der Terrasse beim Restaurant ist noch einmal ganz anders und zeigt die Weite der Bay besonders eindrucksvoll.
Nur 9 Minuten sind es von hier bis zur Unterkunft für die nächsten zwei Tage. Die sind ruckzuck geschafft. Das Shepody Inn liegt recht solitär an der Landstraße und sieht recht schnucklig aus. Von innen ist es eher einfach, aber sauber und ok.
Beim Check-in wurde uns für das Abendessen die 10 Minuten entfernte Broadleaf Ranch empfohlen - also hin. Große Ranch mit riesigem Speiseraum. Nur 2 Leute drin und als die weg sind, sind wir allein mit der Kellnerin. Egal - ich bestelle BBQ Rips mit bunten Gemüsestreifen und Onion-Rings und Gabi creamy Shrimps- & Scallops-Pasta. Sehr reichhaltig, sehr lecker! Das Bier vom Fass ist eher dünn, Gabis Cider hat Geschmack.
Zurück auf dem Zimmer. Da muss jetzt der kanadische Whisky zeigen, was er kann. Und wir schreibenTagebuch und kümmern uns um die Fotos. Dann ist Feierabend - morgen geht es nochmal zu den Hopewell Rocks, denn um 10:00 Uhr ist wieder Hochwasser. Dann werden wir Vergleichsfotos machen. Und der Hauptteil des Tages sollte dem Fundy NP und evtl. dem Fundy Trail Parkway gehören. Ich bin gespannt!
Tagesetappe: 336 Kilometer
Übernachtung: The Shepody Bay Inn, 4941 NB-114, Shepody, NB E4H 4K2
Zurück auf die Schulbank

Jürgen in der Schoolhouse Brewery, Windsor, NS
Super Nacht; wir wachen erst gegen 07:30 Uhr auf. Ok, nachts wurde ich auch mal kurz wach, 02:30 Uhr - Gabi tapert durchs Zimmer. Sie sei mal eben unten am Bootsanleger und auch an der Lichtung gewesen. Es sei noch dunkler geworden, die Sterne seien noch viel besser zu sehen. Aber eben nicht das helle Zentrum der Milchstraße. Na dann: weiterschlafen.
Wir lassen es wieder ruhig angehen. Gabi duscht - ein spitzer Schrei! Gut, wer duscht schon gerne mit dem Spider-Monster? Sie hat erst beim rausklettern aus der Badewanne gesehen, dass am Duschvorhang eine richtig, richtig fette Spinne sitzt. Die muss weg, bevor ich ins kühle Nass gehe. Sie ist jetzt weg.
Wir machen Frühstück und quatschen etwas mit den deutschen Nachbarn, die heute Nacht auch versucht haben, Sternenfotos zu machen. Deren Reise nähert sich dem Ende und sie haben ziemlich Pech gehabt, weil die meiste Zeit alle Trails wegen der Wildfire geschlossen waren - fast überall. Es ist der trockenste Sommer seit 50 Jahren hier im Osten. Jetzt werden die Beschränkungen aber nach und nach gelockert. Heftig - gut für uns!
Diesmal kommt kein Kolibri vorbei, als wir uns die Bagels schmecken lassen; auf die Eichhörnchen ist aber Verlass. Als alles zusammengepackt und im Auto ist gehen wir nochmal runter zum spiegelglatten Harry Lake. Da sitzt ein kleiner Frosch am Bootsanleger und der lässt sich bereitwillig ablichten. Braves Tierchen; dafür, dass ich das 70-200 nicht dabei hatte, ließ er mich ganz schön nah ran. Sehr freundlich!
Nun fahren wir knapp 45 Minuten bis Annapolis Royal. Das ist einfach; sind wir einmal auf der befestigten Straße geht es immer nur geradeaus. Fertig - schon sind wir an der Fort Anne NHS, unserem ersten Ziel für heute. Es handelt sich hier um ein Fort aus der Zeit der Kriege zwischen England und Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert. 1629 errichteten die Franzosen hier die erste Befestigung. Nach der Eroberung der Festung 1710 durch die Briten erhielt das Fort seinen Namen. Von den frühen Strukturen existieren noch die sternförmig angelegten, begrünten Erdwälle, einige Kanonen, ein Pulvermagazin und die Offiziersgebäude. Wir schauen uns das Museum an (toll sind hier z.B. die bunten Wandbehänge), spazieren auf den Wällen herum und geraten auch in die Gewölbe. Einiges war hier unterirdisch angelegt; ganz schön viele Ebenen. Oben auf den Wällen haben wir einen weiten Blick über die breite Mündung des Annapolis Rivers. Und wie schon so oft finden wir auch hier die typischen 2 roten Stühle.
Direkt auf der anderen Straßenseite finden wir die zuhause schon identifizierte „German Bakery & Sachsen Cafe“ von Heidi und Dieter. Da müssen wir natürlich hinein. Viele leckere Backwaren sind schön präsentiert. Wir entscheiden uns für ein „Sour Cherry“-Teilchen und 2 Latte und lassen uns das draußen in der Sonne schmecken. Was schlecht ist für die Natur genießen wir in vollen Zügen. Allerbestes Urlaubswetter; heute waren es 26 Grad, die sich lt. Radiobericht anfühlen sollten wir 28 Grad - und das war mindestens so! Gabis neuer Sonnenhut tut gute Dienste und auch ich trage immer eine Kappe. Besser ist das!
Nun steht ein Bummel durch das kleine Annapolis Royal an, das 150 historische Häuser, einen kleinen Leuchtturm und auch einen Boardwalk aufzuweisen hat.
Es wird Zeit, etwas Kilometer zu machen und so fahren wir über den Hwy. #101 eine gute Stunde gen Norden durch das sehr schöne Annapolis Valley bis Wolfville. Autofahren ist kinderleicht und super entspannt hier. Überhaupt kein nennenswerter Verkehr, Parkplätze, wo man sie braucht - easy!
Wolfville wartet mit einer belebten Flaniermeile auf; bunte Geschäfte wohin das Auge schaut. Sogar eine Wedding Chapel gibt es hier, einfach so zwischen den Geschäften. Im Waterfront Park finden wir einen Wolfville-Schriftzug und eine Statue - man, hatte der Kerl Koteletten! Und hier blickt man schon auf einen Bereich, der zur Bay of Fundy gehört. Das Besondere dieser riesigen Bucht: hier gibt es den höchsten Tidenhub weltweit mit zum Teil bis zu 22 Metern. Ist Ebbe, blickt man auf braunen Schlick - wie wir heute in Wolfville. Davon aber morgen mehr! Schön sind auch die vielen bunten Wandmalereien. Summer-feeling überall.
Wir begeben uns auf den sog. Evangeline Trail durch die Weinberge; 10 Minuten außerhalb von Wolfville finden wir die „Domaine de Grand Pre“, die älteste Winzerei Nova Scotias mit Probiertheke. Wir schauen uns zunächst etwas um, dann bekommt Gabi ein „Premium Tasting“ für 15 Canadische Dollar (ca. 9,30 €). Dabei kann sie sich nach Beratung 3 Getränke aussuchen. Sie entscheidet sich für den preisgekrönten Blanc du Blanc (Winzersekt nach Champagner-Methode hergestellt), einen weißen Ortega und einen roten Castel. Als Zugabe präsentiert ihr die Bedienung noch einen „Pomme D’Or Ice Cider“ - eine Art Eiswein aus Applecider - das volle Apfelaroma. Sehr schmackhaft, das alles!
Die letzten 15 Minuten bis Windsor sind schnell gefahren und nun sind wir hier im „The August House“, einem wirklich schnuckeligen Gästehaus, das mit einem kleinen, aber liebevoll eingerichteten Zimmer für uns und diversen recht edlen Gemeinschaftsräumen für alle aufwartet. Wir haben nun etwas Tagebuch geschrieben und werden als nächstes mal schauen, was Windsor so zu bieten hat. Frösche werden wir hier nicht finden; leckere Getränke aber mit ziemlicher Sicherheit schon.
Genau so! Wir landen in der Schoolhouse Brewery unten am Avon River. Das Licht ist toll und so macht Schule Spaß! Die Zapfhähne sind Bleistifte, die Deko ist auch klasse. Und das Bier ist super. Ich nehme eine Flight aus 4 Probiergläsern, Gabi ein Cider. Dazu gibt es Nachos für mich und Fish-Tacos für Gabi. Zum Nachtisch noch ein Hazy IPA und ein Peach Seltzer. Zum Tagesabschluss finden wir direkt am Fluß noch 2 der roten Stühle, setzen uns in die Abendsonne und lassen den Selbstauslöser seinen Job tun.
Jetzt ist es 21:00 Uhr und das Bett ruft. Ich lade noch schnell die Website hoch und dann machen wir die Augen zu. Morgen fahren wir nach New Brunswick, wo 2 Nationalparks und als erstes mal die sagenhafte Bay of Fundy warten. Ich werde berichten!
Tagesetappe: 185 Kilometer
Übernachtung: The August House, 494 King St., Windsor, NS B0N 2T0
Lazy day

Gabi am Kejikujik See, Kejikujik NP, NS
Tja, das war viel Stoff gestern. Heute wird es überschaubarer. Wir haben super und auch lange geschlafen. Die Zeitumstellung scheint schon gut verdaut zu sein. Erst kurz vor 08:00 Uhr begebe ich mich mal in die Senkrechte. Ich ziehe mich an und schaue mal runter zum See. Da liegt ein klein wenig Nebeldunst auf dem See, Luft und Wetter sind fantastisch. Wir riechen glücklicherweise nichts vom Wildfire, dass nördlich von uns Immer noch brennt. Mal sehen, wie das morgen wird, wenn wir nördlich fahren. Als ich da so am See sitze, prasseln hinter mir immer mehr kleine Tannenzapfen aus luftiger Höhe nach unten. Es knackt, knistert und knallt, dass mir ganz anders wird. Nicht, dass da oben im Baum ein Bär sitzt, der sich sein Frühstück pflückt? So sehr ich auch schaue, ich entdecke nichts.
Zurück im Zimmer schnappe ich mir mein MacBook. Da ist einiges aufzuarbeiten. Lange schreibe ich an dem Tagebucheintrag von gestern. Auch die Fotos wollen verarbeitet, gesichtet und für die Website ausgesucht werden. So vergeht einiges an Zeit, aber wir haben ja keine großen Dinge vor und nach gestern ist so ein fauler Tag perfekt, um mal richtig „anzukommen“ hier.
Später decken wir draussen den Frühstückstisch. Gabi hat Bagels mit Frischkäse bestrichen und Truthahnbrust mit Salsa sowie etwas Coleslaw aufgelegt. Dazu gibt es Kaffee und knackige rote Weintrauben. Wir sitzen da in der friedlichsten Idylle, die man sich denken kann. 2 Eichhörnchen spielen Fangen - sonst passiert nix. Schön.
Es ist schon „High Noon“, als wir unsere Badesachen anziehen, ein Shirt dazu, Tewa-Sandalen und Schwimmweste, die sich im Schrak auf dem Zimmer befindet. Fertig zur Ausfahrt. Wir holen uns 2 Steckpaddel im Geräteschuppen und suchen uns am Bootsanleger ein rotes Kanu aus. Los geht es zu unserer allerersten Kanu-Fahrt. Kajak hatten wir ja schon hin und wieder, zuletzt im Frühjahr bei dieser anstrengenden Tour durch die sturmgepeitschte karibische See.
Ich bin aber sehr angenehm überrascht: wenn man erst mal sitzt geht das richtig gut, obwohl der Schwerpunkt ja deutlich höher sitzt. Gabi hat ihr iPhone in einer wasserdichten Hülle dabei, ich die GoPro. So kommt die auch mal wieder zum Einsatz. Wir fahren gute 60 Minuten bei bestem Wetter über den See und tauchen auch in einen langen Seitenarm ein. Das klappt alles prima. Keinen Mucks hört man hier und wir sind komplett allein hier. So schön! Naja, etwas habe ich schon gehört: Gabi summte plötzlich hinter mir die Winnetou-Melodie; erst war ich geschockt - gepasst hat es aber schon irgendwie …
Anschließend ziehen wir uns um und fahren noch einmal zum Parkplatz bei Merrymakedge. Im Glauben, auf P1 zu stehen gehen wir Richtung P4. Im Glauben, dass der noch weit vor uns liegt, gehen wir weiter und weiter, immer am See entlang, dann aber in den Wald hinein. Und dann ist der Weg plötzlich weg und wir stapfen durchs Unterholz - völlig verfranzt. Google-Maps hilft nur grob denn hier ist kein Netz. Immerhin sehe ich unseren Standort und ein paar Wege, so dass wir uns grob orientieren können. Wir sind ziemlich weit in die eigentlich gesperrte Zone geraten. So kommen wir aber immerhin zu einer über 60-minütigen Wanderung. Das Beste: wir sind fast komplett allein hier; andere Leute haben wir kaum gesehen. Auf dem Rückweg zur Unterkunft halten wir noch einmal kurz am Visitor Center an. Dort meint man, dass evtl. heute Abend am Sky Circle eine gute Sicht auf die Milchstraße sein könnte.
Wieder am Zimmer erkunden wir noch einen langen Boardwalk am Mersey River entlang. Dort finden wir noch eine Stelle, von der aus man die Milchstraße evtl. auch gut sehen könnte heute Abend. Da ist guter Rat teuer: nochmal fahren oder hier unser Glück versuchen? Es ist 17:30 Uhr noch ist nichts entschieden. Aber das Tagebuch ist bis hierher schon mal geschrieben. Onlinestellen kann ich die ganzen Dinge ohnehin erst morgen. Hier ist das WiFi zu schwach. Jetzt kümmere ich mich noch um ein paar Fotos und dann machen wir gleich erst mal Abendessen.
Dazu werfe ich nochmal den Grill an und platziere vorgegarte Hähnchenkeulen, damit sie sich erwärmen. Die zweite Hälfte Coleslaw wandert in die Salatschüssel, die zweite rote Paprika folgt ihr ebenso, wie das Crab-Meat. Zur Unterscheidung vom gestrigen Salat addieren wir noch rote Trauben, die dem Ganzen noch mehr Süße geben. Nachos mit dem Rest der Salsa, die auch zu den Hühnerbeinen gut schmeckt und ein Glas Pinot Grigio - fertig ist eine schmackhafte Abendmahlzeit, die auch von den anwesenden Eichhörnchen aus der Ferne mit Argusaugen beobachtet wird. Ich glaube, eines hat sogar den Daumen gehoben.
Wir richten noch ein paar Dinge und starten um 21:00 Uhr zur nächsten kleinen Runde Sternenfotografie. Ihr habt es erraten: Wein und Auto passen nicht - wir bleiben hier. In finsterer Nacht streben wir über den langen Boardwalk dem nördlichen Punkt des Geländes zu. Hier wäre tatsächlich ein sehr guter Platz, aber wer schaut uns zu und strahlt mit jeder 100.000-Watt Glühbirne um die Wette? Vater Mond, die alte Socke verdirbt uns hier den Spaß. Taghell erleuchtet er See und Umgebung und lässt die Sterne blass aussehen.
Also zurück zum gestrigen Tatort, wo sich aber kein neues Bild ergibt. Also gehen wir noch kurz bis zur Sauna und machen dort noch ein paar Bilder. Das geht nun zügig von der Hand, wenn man den Bogen einmal raus hat. Es ist nicht das, was wir wollten - dazu sind auch zu viele Wolken am Himmel. Aber Spaß an den Aufnahmen habe ich dennoch. Sehr sogar!
Nun ist Feierabend. Nebenan schnarcht jemand mit sich selbst um die Wette. Das hören wir aber gleich nicht mehr, denn wir sind auch müde genug. Morgen geht es gemütlich weiter. Es stehen einige Sehenswürdigkeiten auf dem Programm - und vielleicht eine Winzerei. Wenn uns das Wildfire mal keinen Strich durch die Rechnung macht. Heute war jedenfalls ein super gemütlicher und wieder mal entspannter Urlaubstag - als wären wir schon ewig hier.
Tagesetappe: 36 Kilometer
Übernachtung: Mersey River Chalets, Maitland Bridge, On Route 8, Caledonia, NS B0T 1B0
Another long day

Jürgen in Peggy's Cove, NS
Der Anreisetag war sehr lang, bis wir endlich im Bett lagen. Und der Sonntag war dann überraschend ein weiterer, sehr langer Tag. Gut geschlafen - aber: die Nacht war kurz. Das war zu erwarten, denn das sind erste Nächte immer nach der Zeitumstellung. Um 05:15 Uhr sind wir beide wach, die innere Uhr sagt schließlich: 10:15 Uhr.
Also raus aus den Federn, Sachen zusammenpacken, um 06:00 Uhr ist Frühstück und wir sind pünktlich. Das Frühstück hier im Hampton Inn kann sich sehen lassen: neben Kaffee und viel frischem Saft gönnen wir uns Bagels, Frischkäse, die auch als Hashbrowns bezeichneten Kartoffelrösti, Rührei mit Green Onions und Käse, kleine Würstchen, Tomate & co. Waffeln, Pfannkuchen und Müsli passen nicht mehr rein.
Um 06:30 Uhr habe ich das Auto aus dem Parkhaus geholt, wir beladen den Escape und rollen durch das morgendliche immer noch tiefenentspannte, ruhige Halifax. Die Stadt werden wir an unseren letzten beiden Tagen diesen Urlaubs näher kennenlernen. Darauf darf ich mich freuen, denn sie gefällt mir schon jetzt sehr gut, obwohl ich sie bisher nur im Dunkeln gesehen habe.
Wir nehmen die sogenannte Lighthouse-Route zu unserem ersten Ziel: Peggy’s Cove, dem meistbesuchten und -fotografierten Leuchtturm Canadas. Da haben wir wahre Horrorgeschichten gelesen und gehört, was die regelmäßig ab 09:00 Uhr einfallenden Menschenmassen angeht. Da kannst du kein Bild mehr vom Leuchtturm machen, ohne hunderte Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Deswegen sind wir froh, dass uns ein früher Aufbruch gelungen ist. Aber der beschert uns auf der Fahrt bereits ein zauberhaftes Morgenlicht. Wir fahren durch Wald und immer an Buchten, Seen und viel Wasser vorbei; wir sind tatsächlich angekommen in Canada.
Einmal muss ich anhalten und die Lichtstimmung festhalten. Das scheint gelungen.
So sind wir um 07:40 Uhr an Peggy’s Cove und außer uns sind ganze 4 Leute hier. Das hatte ich nicht zu hoffen gewagt. Super! Auch wenn es hier wolkenvergangen ist und die Sonne noch nicht durchkommt macht es Spaß, hier über die Felsen zu klettern und den adretten Leuchtturm von allen Seiten abzulichten. Die Kletterei muss vorsichtig angegangen werden; überall finden sich Hinweisschilder, dass Leute von plötzlicher Brandung fortgerissen wurden und hier ihr Leben ließen. Wir bewegen uns aber nicht im unmittelbaren Brandungsbereich. Gabi fotografiert natürlich auch Tiny Little Bear mit Leuchtturm, der kleine Bär ist natürlich wieder mit dabei.
Zum Einsatz kommt hier u.a. auch mein neues 14-24-Weitwinkelzoom. Das fehlte mir immer in meiner Sammlung und jetzt habe ich es mir gegönnt. Damit zu fotografieren ist sehr anspruchsvoll. Es ist einfach sehr viel drauf auf dem Bild und da gilt es, geschickt zu komponieren. Ich übe noch, aber das wird schon.
Als langsam mehr Leute am Leuchtturm rumstiefeln gegen wir noch eine kleine Runde durch den „Ort“ und treffen dabei einen freundlichen Herrn, der ein maritimes Motiv auf die Leinwand bannt. Wir unterhalten uns ein wenig und machen uns dann auf die Weiterfahrt. Bis Mahone Bay ist es eine knappe Stunde und auch hier drehen wir eine Runde entlang der Hauptstraße mit vielen bunten Geschäften und Villen. Es handelt sich hier um einen 1754 gegründeten, pittoresken Ort mit farbenfrohen Holzhäusern und 6 Kirchtürmen, Läden, Gallerien und Cafes. Drei Kirchen stehen gleich nebeneinander, aus einer klingt Orgelmusik. Wir gehen hinein - der Organist spielt sich warm; um 11:00 Uhr ist hier Gottesdienst - da hat er noch eine Stunde Zeit.
Auch das anschließend folgende Lunenburg wartet mit bunten Häusern auf. Lunenburg wurde 1753 von deutschen und schweizer Siedlern gegründet. Das älteste Gebäude ist von 1760; Lunenburg ist UNESCO Weltkulturerbe. Viele der Holzhäuser der Altstadt stammen noch aus dem 18. und 19. Jahrhundert und befinden sich in einem gepflegten baulichen Zustand. Bei bestem Wetter macht es tierisch Spaß, hier zu bummeln. Durch den frühen Start sind wir den Bussen immer 1-2 Stunden voraus. Als die ersten hier eintreffen, machen wir uns wieder auf den Weg. Der bekannte Schoner „Bluenose 2“, der auch auf der Canadischen 10-Cent-Münze abgebildet ist, sehen wir nicht - das Segelschiff scheint unterwegs zu sein.
Wir fahren noch kurz hinüber zur anderen Seite der Bucht, wo sich am Golfplatz ein guter Fotospot befindet. Das rote „Maritime Museum of the Atlantic“ präsentiert sich von hier aus jenseits der Bucht besonders schön.
Nun müssen wir einkaufen und dafür haben wir uns das auf dem Weg liegende Bridgewater ausgesucht, das Versorgungszentrum der Region. Ziel ist der „Real Atlantic Superstore“, ein - wie der Name schon sagt - ziemlich großer Supermarkt. Da wir uns heute Abend, morgen und übermorgen früh selbst verpflegen müssen, füllt sich der Einkaufswagen beträchtlich. Wir erkunden dir Regale und Angebote und entscheiden uns zwischendurch auch immer mal wieder um, wenn wir etwas finden, das noch besser passt. Macht Spaß! Gewöhnungsbedürftig sind die hohen Dollarpreise - das relativiert sich glücklicherweise deutlich aufgrund des für uns sehr guten Wechselkurses. Einige Zeit später verstauen wir alles im Auto. Puh!
Zur Abrundung sollten wir noch zu einem Liquor-Store fahren, denn alkoholische Getränke (und Cannabis - keine Sorge, benötigen wir nicht) bekommt man in Canada wie in den USA nicht im Supermarkt, wo auch Kinder mitkommen. Schnell gefunden, ein netter Herr möchte uns beraten. Ich frage nach einer kleinen Flasche Jack Daniels für den Genuss am Abend, wenn es mal passt. Die Antwort überrascht uns: „Sorry, wie don’t sell american products any longer!“ So kommen wir aber an ein kleines Fläschchen canadischen „Gibsons Finest 12 yo“, der sich später auf der Terrasse als wahre Vanillebombe entpuppt.
Jetzt: final destination für heute, die Mersey River Chalets im Kejimkujik NP. Ja, die Orts- und Flussnamen kommen einem immer bekannt vor hier in Nova Scotia. Und am Mersey River gibt es auch hier - wie in Great Britain - einen Ort namens Liverpool. Verrückte Welt.
Kurz vor 15:00 Uhr sind wir angekommen, das Office ist bereits besetzt und wir dürfen einchecken. Wir bekommen Zimmer Nummer 12, eines von 4 Zimmern in einem langgestreckten Holzbau. Süßes Zimmer mit Geschirr, Kühlschrank und Grill auf der Terrasse. Wir sind hier mitten im Nirgendwo. Nur ein paar Hütten unmittelbar am Harry Lake. Kajaks und Kanus liegen am Ufer zur freien Benutzung. Nur aufpassen muss man, die Seenlandschaft ist riesig hier und verfahren will sich hier keiner.
Da wir leider das Visitors Center des Kejimkujik NP auf dem Hinweg verpasst haben, fahren wir die 10 Minuten nochmal zurück, als wir das Zimmer eingeräumt haben und die Lebensmittel im Kühlschrank sind. Da wir auf dieser Reise planmäßig 7 Nationalparks besuchen wollen, möchten wir einen Jahrespass kaufen. Das ist auch hier günstiger als Einzeleintritte. Den haben sie aktuell hier nicht vorrätig. Macht aber nix - können wir im nächsten NP nachholen, am Labor-Day-Weekend ist freier Eintritt hier.
Schon beim Check-in hatten wir vom Wildfire gehört, das ca. 1 Stunde entfernt im Wald wütet. Wir sind nicht direkt betroffen, der Wind steht so, dass für hier keine Gefahr besteht. Es sind aber alle Wanderwege aktuell gesperrt. Macht nix -es gibt genug anderes zu tun und morgen wollen wir auch mal etwas ausruhen. Der kurze Trail zum Mills Fall ist offen, da vertreten wir uns doch mal kurz die Beine.
Der Kejimkujik NP ist ein „Dark Sky Preserve“, d.h. eines der Gebiete mit äußerst geringer Lichtverschmutzung und bestem Blick auf den Sternenhimmel. Im Visitors Center wurden uns zwei entlegene Orte genannt, die gut zur Sternenfotografie geeignet seien. Der „Sky Circle“ an Jakes Landing und der See bei Merrymakedge, Parkplatz Nr. 4. Beides fahren wir noch an. Ich hatte noch gefragt, ob wir dort nachts mit Bären rechnen müssten. „Ja, aber nur Schwarzbären und wenn die hören, wie ihr euch unterhaltet, verschwinden sie.“ Da wir beide als ausgesprochene Plappermäuler bekannt sind besteht also kein Grund zur Sorge. Mit der App „Photopills“ kann ich den Sternenhimmel für die Nacht simulieren; die Milchstraße müsste von beiden Plätzen aus zu sehen sein. Gut! Wir beschließen, zur dunklen Stunde nochmal nach Merrymakedge zu fahren; das ist einfacher als die Gurkerei über den Campingplatz bei Jakes Landing.
Wir erkunden noch die Umgebung unseres Zimmers, finden eine äußerst attraktiv gelegene Sauna und genießen den Blick über den Harry Lake. Jetzt haben wir aber Hunger und ich schmeiße den Grill an. BBQ-Ribs drauf und warten. Gabi zaubert aus einer halben Tüte Coleslaw, einer roten Paprika, einem halben Paket Crab-Meat (!) und einem Thousand Island Dressing einen fantastischen Salat. Dazu gibt es Nachos mit Salsa und ein Glas Wein. Lecker!! Wein? Wir wollen doch noch Auto fahren? Wollen wir nun doch nicht. Wir haben die Umgebung unseres Zimmers erkundet und den Bootsanleger für die Kajaks gefunden. Von dort müsste die Milchstraße auch gut zu sehen sein.
So machen wir uns um 20:30 Uhr mit Stativ und 14-24er die Socken. Es sind nur ein paar Schritte von der Terrasse zum Bootsanleger. Erstaunlich, wie lange es braucht, bis es ganz dunkel ist, obwohl die Sonne schon lange weg ist. Nach und nach erscheinen aber die Sterne, die sich anfangs noch im See spiegeln und ich mache viele Fotos mit verschiedenen Einstellungen. Erst mal gilt es, den richtigen Schärfepunkt zu finden. Dann ISO auf 3.200, 20 Sekunden bei Offenblende 2.8. nach und nach reduziere ich auf 15 Sekunden und sogar ISO 1.000. Wahnsinn, wie die Sterne rauskommen und aufgrund der gewählten Verschlusszeit sind sie knackscharf - keine Bewegungsunschärfe aufgrund der Erdrotation sichtbar. Später stelle ich fest, dass der hellste Teil der Milchstraße (auf den ich es eigentlich abgesehen habe) genau über uns stehen müsste. So schieße ich noch einige Aufnahmen direkt nach oben. Nett, aber noch nicht das gewünschte Ergebnis. Das war eine tolle und lehrreiche Erfahrung. Jetzt ist es aber fast 22:00 Uhr und Gabi kann nicht mehr aus den Augen gucken.
So geht ein sehr langer, aber total schöner erster Urlaubstag zu Ende. Superwetter, viel erlebt und wir schlafen hier nur mit den Geräuschen
Gabi am Kejikujik See, Kejikujik NP, NS
Tagesetappe: 36 Kilometer
Übernachtung: Mersey River Chalets, Maitland Bridge, On Route 8, Caledonia, NS B0T 1B0
Halifax ist cool

Gabi an der Waterfront, Halifax, NS
Die Nacht war ok, wir haben Zeit. Gegen 08:30 Uhr sitzen wir beim Frühstück. Lecker Milchkaffe, viel Saft, Rührei, ein kleines Brötchen, Joghurt. Sehr gut! Ich checke auch noch kurz online bei Alamo ein, unserem Mietwagenverleiher. Das sollte dann die Wartezeit heute Abend erleichtern, da die Daten unserer Führerscheine etc. nun schon hinterlegt sind.
Dann machen wir einen Streifzug durch die nähere Umgebung, Schritte sammeln. Direkt nebenan ist der Park, der dem Hotel den Namen gibt. Ein Schild informiert, dass es sich hier um einen „Naturbelassenen Park“ handelt. Übersetzt: niemand mäht den Rasen oder kümmert sich. Ist aber gut. Wir checken den Weg zur S-Bahn jenseits des Parks und bewegen uns 40 Minuten.
Zurück im Hotel schauen wir noch ein, wie ich finde, tolles You-Tube-Video über Grundlagen der Fotografie, wie meist auf Englisch. Derartige Videos auch zu Spezialthemen habe ich sehr viele geschaut in den letzten Wochen. Grund: ich habe wieder richtig Lust zu fotografieren. Im Juni habe ich mich nach reiflicher Überlegung von fast meiner gesamten Nikon-Ausrüstung getrennt. 2 alte DSLR-Bodys und 8 (!) Objektive in Zahlung gegeben - „all in“. Dafür dann eine neue Nikon-Systemkamera mit drei super Objektiven erworben. Und deren Praxistest steht nun in den nächsten 3 Wochen bevor. Ich freu mich! Fotografie wird sicher einer meiner absoluten Schwerpunkte werden, um abzuschalten im Urlaub.
Die anderen Schwerpunkte werden wie immer Land und Leute sowie viel gemeinsame Zeit mit Gabi sein. Das maritime „Atlantic Canada“ ist uns noch völlig fremd. Waren wir 2023 im äußersten Westen (sehr empfehlenswert - da möchte ich gerne nochmal hin!) erkunden wir nun den äußersten Osten. Auch dazu haben wir zuletzt viele YouTube-Videos geschaut, um unser Programm vorzubereiten. Aber auch ein „echter“ Reiseführer wurde zu Rate gezogen, um den Ablauf auf vielen Seiten zu skizzieren. Schaut mal unter „Route“ - da sind einige Infos dazu. Alles basiert wieder auf einem Reisevorschlag von Canusa.
Check out im Hotel ist spätestens um 12:00 Uhr; der Weg zum S-Bahnhof durch den Park dauert 5 Minuten, die Fahrt mit der S-Bahn nur 2. Schwupps - sind wir wieder am Airport. Schnell sind die Koffer aufgegeben, längerer Fußmarsch durch einen offensichtlich niegelnagelneuen Flughafenteil, Sicherheitskontrolle (man muss jetzt keine elektronischen Geräte mehr auspacken - super schnell) und schon sitze ich hier.
Naja, saß ich hier, muss es wohl besser heißen. Da kommt eine Dame und scheucht die ganze Truppe auf: der Wartebereich ist zu räumen, lange, sehr lange Schlange bilden und dann alle wieder rein, aber einzeln: Dokumentencheck. So kriegen wir die Zeit auch rum.
Nun heißt es warten; Boarding ist um 15:00 Uhr, Abflug 15:40 Uhr, Ankunft Halifax 18:00 Uhr (+5 Std.). Ja: die Flugzeit beträgt hin nur 7:20 Std., zurück sogar nur 6,5 Std. Ist halt der äußerste Osten - ganz nah an Europa. Ich melde mich von dort wieder.
Der Flug startet um 50 Minuten verspätet, aber der Pilot hat viel Zeit unterwegs wieder gut gemacht. Erstaunlich viel wir Beinfreiheit in der Discovery Airlines (operated by Lufthansa) haben wir. Sehr schön!! Aber mit dem Entertainment-Programm ist es nicht so einfach. Ich werde zu alt für diese komischen Filme. Ich schaue „Das Beste kommt zum Schluss“ mit Jack Nicholson und Morgan Freeman - allein wegen der klasse Schauspieler sehenswert, wenn auch melodramatisch. Und „Anytime“ - eine atemberaubende Reportage um junge Mountainbikefahrer/innen. Ich weiß nicht, ob mich die halsbrecherischen, unfassbaren Abfahrten mehr geflasht haben oder die Aufnahmen der Videografen. Sehr sehenswert! Zwischendurch essen, trinken, schlafen wir.
Nach 7 Stunden sind wir in Halifax und dank meiner per App vorausgefüllten Einreiseformalitäten flutschen wir durch die Kontrolle wie ein Zäpfchen. Am Band heißt es dann aber wieder: warten auf die Koffer - dafür geht es bei Alamo wieder schnell. Dennoch ist es 20:00 Uhr, als wir mit unserem sehr schönen Ford Escape über die Autobahn Richtung Halifax rollen. Nach 30 Minuten sind wir im Hotel. Alles prima - die Stadt kommt gar nicht so als Großstadt daher, wir fühlen uns gleich sauwohl. Auch hier ist alles sehr ruhig und entspannt - sehr cool!
Also starten wir auch noch einmal kurz bergab zur Waterfront. Lifemusik, ein Canada-Willkommenszeichen und viele mega entspannte junge Leute. Da sich direkt neben unserem Hotel auch einige Breweries befinden, kehren wir am Ende dort ein. Axtwerfen auf mehreren Ebenen wird hier geboten - ich genieße ein Garrison Irish Red und ein Good Robot Creature Hazy IPA, Gabi ein „Lake City Crisp Cider Apple“, frisch vom Fass. Urlaub!!
Jetzt ist es 22:40 Uhr; die Sachen für morgen sind vorbereitet, so einiges muss aus den Koffern ins Auto transferiert werden. Zu Hause ist es bereits 03:40 Uhr morgens. Ich schreibe das jetzt noch fertig und lade das Tagebuch hoch. Dann mache ich die Augen zu, denn morgen sind wir bestimmt früh wach. Das ist gut so - wir wollen vor den ganzen Bussen an Peggy’s Cove sein!
Tagesetappe: 5.409 Kilometer geflogen, 33 Kilometer gefahren
Übernachtung: Hampton Inn & Suites by Hilton Halifax Downtown, 1960 Brunswick Street, Halifax, NS