Tagebuch




Surprising Marine Drive

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Black Bear am Marine Drive, Hwy-#316, Harbour Cove, NS

Der Tag heute stand unter dem Motto „treiben lassen“, war dann voll von überraschenden Erlebnissen und dürfte schnell erzählt sein. Nach dem Aufwachen schreibe ich zunächst mal das Tagebuch von gestern und lade die Website hoch - alles andere war ja bereits vorbereitet.

Dann gehen wir in den „The Frolic and Folk Pub & Grille“ zum Frühstück. Wir wählen vom Bufffet: ich reichlich Rührei, Speck, Würstchen, Bratkartoffeln, 1/2 Bagel und eine Schnitte Toast, Frischkäse, O-Saft, Kaffee und Yoghurt. Gabi lässt es gesünder angehen. Das ist eine super Location und den Pub werden wir vermissen. Bestens gestärkt starten wir in den Tag und machen noch ein paar Aufnahmen an der Unterkunft..

Es ist bereits 10:00 Uhr, als wir vom Hof rollen. Aber der Tag hat kein Programm, außer: Nebenstrecke fahren über den sog. Marine Drive immer an der Küste entlang. Bis Port Hastings geht es allerdings über den Highway; 100 km/h, Tempomat, kein Verkehr, rollen lassen. Hinter Port Hastings geht es auf den Marine Drive, was dem Navi nicht gefällt, weil es nicht der schnellste Weg ist.

Bei Mulgarve soll es ein Visitor Center geben. Das ist aber schon geschlossen: Saison vorbei. Dafür ergeben sich am Wasser ein paar nette Motive. So erreichen wir Guysborough, das wir überhaupt nicht auf dem Zettel hatten. Naja, los ist hier auch nichts; der Ort hat seine besten Jahre offensichtlich gesehen. Ein lila Haus am Wasser fällt ins Auge. Darin verbirgt sich ein schnuckeliges Cafe und wir lassen uns 2 Latte schmecken mit Blick aufs Meer und die paar Boote, die hier liegen.

Es hat begonnen zu regnen - da war auch nicht eingeplant. Wir bekommen für eine kurze Zeit einen Eindruck davon, wie die Landschaft wirkt, wenn die Sonne nicht scheint und es nass ist. Nicht auszudenken, wenn das unser tägliches Wetter gewesen wäre. So ist es kein Problem, zumal es schnell auch wieder aufhört.

Die Straße zieht sich so dahin, immer mit Blick aufs Meer. Das ist sehr entspannend. Bei Queensport passieren wir das Rock Island Lighthouse, das sich auf eine kleine Insel im Meer duckt. Wir reizen den Marine Drive aus, dass Navi will immer abbiegen - ich nicht.

Wir erreichen Canso an der äußersten Ostküste Nova Scotias – ein kleiner, ruhiger Ort, der auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, aber voller Geschichte steckt. Schon im 16. Jahrhundert war die Gegend ein Treffpunkt für Fischer aus Europa, die hier den reichen Kabeljau fingen. Später geriet Canso zwischen die Fronten von Engländern und Franzosen, die beide die Kontrolle über diesen strategisch wichtigen Punkt am Eingang zum Golf von St. Lawrence haben wollten. Immer wieder wechselte der Ort die Hände, wurde zerstört und neu aufgebaut. Die Briten errichteten 1720 eine befestigte Siedlung, und im Jahr 1745 diente Canso sogar als Sammelpunkt für die Truppen, die von hier aus die französische Festung Louisbourg angriffen.

Heute ist davon nicht mehr viel sichtbar – übrig geblieben ist ein kleines Fischerdorf, das still an der rauen Atlantikküste liegt. Wenn wir hier stehen und den Blick über die weite See schweifen lassen, können wir uns kaum vorstellen, welch große Bedeutung dieser abgelegene Ort einmal hatte. Es ist nämlich nix los hier - überhaupt nix! Ein paar Boote im Hafenbecken. -verlassen. Nur eine Möwe hält Wacht. Motive finden sich natürlich auch hier. Gabi studiert die Tafeln, die von der Geschichte des Ortes berichten und sie schlägt vor, den Canso Harbour Walk zu gehen, wo noch mehr Schautafeln warten. Dort finden sich u.a. riesige Hagebuttensträucher. -und Gabi findet mal wieder ein Dinosaurierei.

Nun aber ab nach Charlos Cove, wir rollen und rollen, inzwischen immer noch völlig allein durch Wald; die Küste sehen wir hier nicht durchgehend. 7,9 km bzw. 10 Minuten vor der Unterkunft trifft uns fast der Schlag: da sitzt am Wegesrand auf einem Felsen ein Koloss von einem Schwarzbären. Ich bremse, Warnblinkanlage an (Sicherheit geht vor), Gabi hat mir die Z8 schon rübergereicht, mein Fenster ist schon runter, Radio aus. Ich mache die ersten Aufnahmen, Gabi packt wie eine geübte OP-Schwester das 70-200 mm Tele aus. Als hätten wir das so schon tausend mal gemacht. Okjektiv gewechselt - jetzt geht es richtig los. Meister Petz schwenkt den Kopf und präsentiert sich keine 20 Meter von uns entfernt wie eine Statue auf einem Felsblock. Dann hat er genug gesehen, dreht sich um und verschwindet.

Wir sind voller Adrenalin und völlig aus dem Häuschen. Wir haben ja schon einige Bären in freier Wildbahn gesehen. Aber der hier war mit Abstand das mächtigste, wohl proportionierte und ausgewachsenste Teil „we’ve ever seen“. Hammer! Was für ein Glück, das kein anderes Auto kam und uns gestört hat. Und wie erfreulich, dass wir uns auf diese Art und Weise begegnet sind, just zu diesem Zeitpunkt. Auf unseren Wanderungen wünschen wir uns oft Bärenbegegnungen. Ich bin aber ehrlich: dem Kerl - oder der Mama - auf einem Trail plötzlich Auge in Auge gegenüberzustehen? Da wäre uns ganz sicher warm ums Herz geworden, Respekt!

Super Erlebnis, ab zur Unterkunft, die malerisch am Ende eines unbefestigten Weges direkt am Wasser im Nirgendwo liegt. An der Einfahrt steht so etwas wie ein Leuchtturm. Wir checken ein und erfahren, dass es hier inzwischen viele Bären gibt, die Einheimischen aber nie einen sehen (wollen). Unser Zimmer hat Meerblick und ist (auf dem Foto mit den bunten Stühlen) links unten.

Wir reservieren für das Dinner (wo sollen wir hier sonst auch hin?) und finden uns nach einem kurzen Mittagsschlaf um 18:30 in dem tollen Speiseraum ein. Super Abendessen: als Vorspeisen teilen wir uns Spinatsalat mit Ziegenkäse, karamellisierten Pecanüssen und Himbeer-Mohndressing sowie Fish-Cakes vom Schwertfisch auf Salat. Dazu Brot, Bier, Rotwein. Hauptspeise: Ahornsirup-glasierter Lachs mit Cranberrysauce, Kartoffelstampfgratin und Gemüse. Köstlich!

Dann ab in die Heia, Tagebuch schreiben, Fotos bearbeiten, Website hochladen. Gabi schaut immer wieder, ob noch Fotos der Milkyway möglich werden (dunkel genug ist es hier) - aber es ist zu bedeckt. Also lassen wir den Tag ausklingen. Morgen geht es nach Halifax. Letzte Etappe, aber sicher auch spannend, denn die Stadt fanden wir ja gut. Wie lange ist das jetzt her? 3 Wochen? Kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Dieser Urlaub ist sensationell. Der Black Bear heute war die Kirsche auf der Sahnehaube. Genial!!

Tagesetappe: 229 Kilometer
Übernachtung: Seawind Landing Country Inn, 159 Wharf Road,, Charlos Cove, NS B0H 1T0

© 2025 Gabi & Jürgen